Von geheilten Blinden und blinden Sehenden (Predigt-Nachlese)

lightbulb-2010022_1920Jesus kommt mit seinen Jüngern an einem blinden Bettler vorbei, und seine Begleiter haben eine Frage. Da sie in einer Kultur leben, wo man allgemein von einer Verbindung zwischen Sünde und Krankheit ausgeht, zerbrechen sie sich den Kopf: “ Warum ist dieser Mann schon blind geboren?  Wer hat hier gesündigt – er oder seine Eltern?” Jesus schüttelt den Kopf. “Weder – noch. Gottes Tun soll an diesem Menschen offenbar werden.”  Er sagt ihnen, dass ER das Licht der Welt ist, und er beweist es. Er bereitet einen Teig aus Speichel und Erde und streicht ihn dem Mann auf die Augen und schickt ihn zum Teich Siloah. Dort soll er sich den Schlamm abwaschen.

Der Mann tut das. Er kennt Jesus offenbar vom Hörensagen. Vielleicht hat er schon von seinen Wundern gehört. Und ganz ehrlich – er hat nichts, aber auch gar nichts zu verlieren. Er kann höchstens gewinnen, wenn er tut, was dieser Mann ihm sagt. Und ganz lapidar wird erzählt: Er ging und wusch sich und kam sehend zurück.

Und dann sehen ihn die Nachbarn. “Hä?”, sagen sie und kratzen sich am Kopf. “Ist das der, der immer hier saß, oder ist er´s nicht?” “Doch”, antwortet er fröhlich, “ich bin’s!” “Und wieso siehst du auf einmal?” Er erzählt ihnen: “Dieser Typ, der Jesus heißt, der kam hier vorbei, schmierte mir einen Teig auf die Augen, schickte mich zum Abwaschen nach Siloah, und jetzt kann ich sehen!” “Und wo ist der jetzt?” “Keine Ahnung!”

Irgendwie verspüren die Leute Klärungsbedarf, und so schleppen sie ihn zu den Pharisäern zum “Verhör”. Er muss die ganze Sache noch mal erzählen. Die Pharisäer wissen es sofort ganz genau: “Heute ist Sabbat, und wenn dieser Mensch dich am Sabbat geheilt hat, dann ist er nicht von Gott.” Die Hoheit über die Auslegung  und alle Auslegungsbestimmungen der Gebote liegt bei ihnen – da kommen auch die Realitäten nicht gegen an. Obwohl, ein paar von ihnen steht doch die normale Logik noch im Weg: “Wie kann ein sündiger Mensch solche Wunder tun? Sind sie nicht Zeichen göttlicher Bestätigung?” Der einfache ehemals Blinde, der mit ihren Kompliziertheiten nichts anfangen kann, stellt fest: “Er ist ein Prophet.” Sieht doch jeder, der sehen kann!

Nun, ob ein Wunder ein Wunder ist, muss erst mal überprüft werden. Am Ende sind das alles Fake News, und der Mann war überhaupt nie blind. Also werden die Eltern des Mannes geladen. “Das ist unser Sohn, da sind wir uns ganz sicher. Und er wurde blind geboren. Warum er jetzt sieht, wissen wir nicht. Wir waren nicht dabei, aber der Junge ist doch volljährig. Fragt ihn doch selber.” Es hat sich schon rumgesprochen, dass es einen Beschluss gibt, dass jeder, der sich zu Jesus als Messias bekennt, aus der Synagoge ausgeschlossen wird. Deswegen wollen sie sich da lieber raushalten.

Erneutes Verhör für den Geheilten. (Ob er sich sein neues Leben so vorgestellt hat?) “Nun lass die Lügerei. Gib Gott die Ehre. Wir wissen, dass dieser Mann ein Sünder ist.”

Er zuckt die Achseln. “Ob der ein Sünder ist, kann ich nicht sagen. Was ich weiß, ist, dass ich blind war und jetzt sehe.” Sie graben verzweifelt nach dem Nachweis, der ihr vorgefasstes Urteil bestätigen soll: “Wie hat er das denn gemacht? Wie hat er dir die Augen geöffnet?” Nun geht es dem armen Mann doch über die Hutschnur. “Soll ich das Ganze etwa nochmal erzählen? Wozu? Wollt ihr auch seine Jünger werden?” Jetzt hat er sich klar positioniert, und darauf stürzen sie sich: “Du bist sein Jünger. Wir sind Moses Jünger! Wo dieser Mensch herkommt, wissen wir nicht.”
“Na, das ist ja mal erstaunlich. Ihr wisst nicht, woher er kommt, aber er hat meine Augen geöffnet. Seit wann hört Gott auf Sünder? Ich denke, er hört auf den, der gottesfürchtig ist und seinen Willen tut. Es ist noch nie zuvor passiert, dass die Augen eines Blindgeborenen geheilt wurden. Wenn Gott nicht zu diesem Mann stünde, könnte er sowas nicht tun.”

Jetzt langt es ihnen. Der Junge wird frech. Wenn man nichts gegen seine Argumente sagen kann, dann kann man doch seine Person angreifen. “Du bist in Sünden geboren und willst uns belehren?” Sie schmeißen ihn raus.

Das kommt Jesus zu Ohren, und er sucht ihn. Als er ihn gefunden hat, fragt er ihn: “Glaubst du an den Menschensohn (jüdische Bezeichnung für den Messias)?” “Und wer ist das, damit ich an ihn glaube?” “Du hast ihn gesehen”, sagt Jesus. “Es ist der, der mit dir redet.” Er ist es selbst! Und er kann ihn sehen! Er fällt vor ihm nieder und bekennt: “Ich glaube!”

Er hat sich zu Jesus gestellt. (Was auch sonst?) Er glaubt. Und jetzt stellt Jesus sich zu ihm, denn die Pharisäer müssen noch etwas hören. Nicht umsonst hat Jesus den Mann am Sabbat geheilt und so einen Aufruhr provoziert. Er gibt der geistlichen Führung noch einmal die Chance, das Offen-Sichtliche anzuerkennen.

“Ich bin zum Gericht in diese Welt gekommen, damit die Nichtsehenden sehen und die Sehenden blind werden.” Jetzt könnten sie zugeben, dass sie blind sind und sich von ihrer verbohrten Blindheit von ihm heilen lassen. “Sind wir etwa blind?”, fragen sie. Wird er es wagen, sie so offen zu beleidigen und als blind zu bezeichnen? “Wenn ihr blind wäret, dann hättet ihr keine Sünde. Aber ihr seid der Meinung, dass ihr seht. Deswegen bleibt eure Sünde.”

Wer seine Blindheit nicht zugeben kann, der ist unheilbar. Du und ich, wir sind geistlich blind geboren. Solange wir leugnen, dass wir aufgrund unserer sündigen Natur keine Kraft haben, Gott zu gefallen, kann Gott uns nicht helfen. Solange wir versuchen, Gott, Menschen oder uns selbst mit unseren Selbstverbesserungsversuchen zu imponieren, bleiben wir im Dunkeln.  Sobald wir aber unseren hilflosen Zustand anerkennen, wird Jesus uns die Augen öffnen. Wir müssen uns ihm nur anvertrauen.

1.Johannesbrief 1,8.9:
Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, so verführen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns.  Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit. Wenn wir sagen, dass wir nicht gesündigt haben, so machen wir ihn zum Lügner, und sein Wort ist nicht in uns.

Zum Nachlesen: Die Geschichte steht im Johannesevangelium im 9. Kapitel.

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