Die Unterhaltung ist uns nicht überliefert, aber so etwa könnte sie abgelaufen sein:
“Hast du gehört?”, fragte sie, “Barnabas hat jetzt auch sein Grundstück verkauft.”
“Natürlich”, antwortete er, “ wie könnte ich das nicht gehört haben, man redet ja von nichts anderem. Alle loben ihn über den grünen Klee.”
Barnabas war nicht der erste in der jungen Jerusalemer Gemeinde, der seine Besitztümer verkaufte und das Geld den Aposteln übergab, die es an die ärmeren Christen verteilten. Dadurch musste von der Gemeinde niemand mehr Mangel leiden.
“Meinst du nicht”, fing die Frau wieder an, “wir müssten uns auch an dieser Aktion beteiligen? Wir könnten ja schon mal was verkaufen. Wie sieht das denn sonst aus, wenn wir gar nichts beitragen?”
“Ja, du hast recht. Wir sollten nicht als Geizkrägen dastehen … an was hast du denn gedacht?”
“Dieses Grundstück hinten am Bach – könnten wir das nicht entbehren? Das bringt bestimmt ganz schön was ein.”
“Ich werde mal schauen, was ich dafür kriegen kann.”
Tatsächlich bekamen sie mehr dafür, als sie zu hoffen gewagt hatten. Obwohl es ja eigentlich egal war, denn es war ja sowieso nicht für sie selbst. Aber da es ja jetzt mehr war als erwartet …
“Saphira, sollen wir das wirklich alles geben? Das war wirklich ein gutes Geschäft, und es wäre schon viel, wenn wir nur 2/3 davon geben würden.”
“Nee, Hananias, das können wir nicht machen, das macht keinen guten Eindruck. Dann sagen sie, wir haben kein echtes Opfer gebracht oder sowas.”
Hananias grinst: “Nur wenn sie es wissen. Das müssen sie ja nicht. Schließlich haben wir mehr bekommen, als das Grundstück eigentlich wert ist.”
Sie schaut ihn unsicher an. “Meinst du, das kann man machen? Du hast schon recht, es ist wirklich viel zu viel. Und es sind so viele, die was geben. Das reicht doch eigentlich. Und wir müssen auch sehen, wo wir bleiben …”
Hananias kennt keine Unsicherheit, das mag sie an ihm. “Das klappt schon. Mach dir keine Sorgen. Es wird schon keiner fragen, und wenn, sag ich, dass das alles ist, was wir bekommen konnten. Vertrau mir. Ich mach das schon. Dann ist auch mal wieder ein neues Kleid für dich drin.”
“ Okay”, sagt sie, “dann machen wir das so. Dann sind alle glücklich – die und wir.”
Am nächsten Tag nahm er das Geld in die Gemeindeversammlung mit. Er freute sich schon. Heute wäre er mal derjenige, den alle für seine Großzügigkeit bewunderten. Und es war ja tatsächlich ein schönes Sümmchen, das er da mitbrachte. Die Armen konnten ihm wirklich dankbar sein. Und eigentlich war es ja doch ein großes Opfer und tat ihm schon fast ein bisschen leid. Er hätte damit auch was anzufangen gewusst, aber naja, irgendwie musste man ja auch was tun als Christ …
Er spürte die Blicke im Rücken, als er nach vorne ging und das Geld vor Petrus hinlegte. Erwartungsvoll schaute er ihn an. Allerdings hatte er mit diesen Worten nicht gerechnet: “Warum hat der Satan dein Herz erfüllt? Warum hast du den Heiligen Geist belogen und etwas von den Einnahmen beiseite geschafft? Du hättest es doch behalten können, niemand hat es von dir verlangt. Du hast nicht Menschen belogen, sondern Gott.”
Da wo er stand, brach Hananias zusammen und starb. Während alle noch unter Schock standen, hoben ihn ein paar junge Männer auf und trugen ihn hinaus. Was für eine harte Strafe! Sie beerdigten ihn sogleich.
Saphira hatte inzwischen ihre Erledigungen beendet. Etwa drei Stunden nach ihrem Mann betrat sie gut gelaunt den Versammlungsraum. Aber warum sahen alle so ernst aus? “Sag mal”, fragte Petrus, “ist das der Betrag, für den ihr das Grundstück verkauft habt?”
Ihr wurde heiß. O Mist, dachte sie, irgendwas ist schiefgelaufen. Der ahnt was. Wo ist Hananias? Was immer hier gelaufen ist – ich kann den jetzt nicht auffliegen lassen, sonst sind wir blamiert. Jetzt hängt alles von mir ab. Sie versucht, ihrer Stimme einen überzeugenden Klang zu geben. “Ja”, sagt sie fest, “das ist das, was wir dafür bekommen haben.”
Petrus schaut sie traurig an. “Warum seid ihr beide euch einig geworden, den Geist Gottes zu betrügen? Eben haben die Leute deinen Mann begraben, und nun bist du dran.” Und sie fiel tot vor ihm zusammen.
Es verwundert nicht weiter, dass alle, die es mitbekamen, alle, die auch nur davon hörten, von einem tiefen, heiligen Schrecken erfasst wurden. Und sie lernten: Loyalität ist kein Wert an sich. Loyalität ist nur dem Guten gegenüber gut. Loyalität, die die Loyalität gegenüber Gott aushebelt, ist keine Tugend, sondern Sünde und führt zum Gericht.
In der Bibel findet man diese Geschichte in Apostelgeschichte 5.