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Wenn gute Beziehungen schlecht sind (2): Ein einiges Ehepaar

ok-3376240_1920Die Unterhaltung ist uns nicht überliefert, aber so etwa könnte sie abgelaufen sein:

“Hast du gehört?”, fragte sie, “Barnabas hat jetzt auch sein Grundstück verkauft.”

“Natürlich”, antwortete er, “ wie könnte ich das nicht gehört haben, man redet ja von nichts anderem. Alle loben ihn über den grünen Klee.”

Barnabas war nicht der erste in der jungen Jerusalemer Gemeinde, der seine Besitztümer verkaufte und das Geld den Aposteln übergab, die es an die ärmeren Christen verteilten. Dadurch musste von der Gemeinde niemand mehr Mangel leiden.

“Meinst du nicht”, fing die Frau wieder an, “wir müssten uns auch an dieser Aktion beteiligen? Wir könnten ja schon mal was verkaufen. Wie sieht das denn sonst aus, wenn wir gar nichts beitragen?”

“Ja, du hast recht. Wir sollten nicht als Geizkrägen dastehen … an was hast du denn gedacht?”

“Dieses Grundstück hinten am Bach – könnten wir das nicht entbehren? Das bringt bestimmt ganz schön was ein.”

“Ich werde mal schauen, was ich dafür kriegen kann.”

Tatsächlich bekamen sie mehr dafür, als sie zu hoffen gewagt hatten. Obwohl es ja eigentlich egal war, denn es war ja sowieso nicht für sie selbst. Aber da es ja jetzt mehr war als erwartet …

“Saphira, sollen wir das wirklich alles geben? Das war wirklich ein gutes Geschäft, und es wäre schon viel, wenn wir nur 2/3 davon geben würden.”

“Nee, Hananias, das können wir nicht machen, das macht keinen guten Eindruck. Dann sagen sie, wir haben kein echtes Opfer gebracht oder sowas.”

Hananias grinst: “Nur wenn sie es wissen. Das müssen sie ja nicht. Schließlich haben wir mehr bekommen, als das Grundstück eigentlich wert ist.”

Sie schaut ihn unsicher an. “Meinst du, das kann man machen? Du hast schon recht, es ist wirklich viel zu viel. Und es sind so viele, die was geben. Das reicht doch eigentlich. Und wir müssen auch sehen, wo wir bleiben …”

Hananias kennt keine Unsicherheit, das mag sie an ihm. “Das klappt schon. Mach dir keine Sorgen. Es wird schon keiner fragen, und wenn, sag ich, dass das alles ist, was wir bekommen konnten. Vertrau mir. Ich mach das schon. Dann ist auch mal wieder ein neues Kleid für dich drin.”

“ Okay”, sagt sie, “dann machen wir das so. Dann sind alle glücklich – die und wir.”

Am nächsten Tag nahm er das Geld in die Gemeindeversammlung mit. Er freute sich schon. Heute wäre er mal derjenige, den alle für seine Großzügigkeit bewunderten. Und es war ja tatsächlich ein schönes Sümmchen, das er da mitbrachte. Die Armen konnten ihm wirklich dankbar sein. Und eigentlich war es ja doch ein großes Opfer und tat ihm schon fast ein bisschen leid. Er hätte damit auch was anzufangen gewusst, aber naja, irgendwie musste man ja auch was tun als Christ …

Er spürte die Blicke im Rücken, als er nach vorne ging und das Geld vor Petrus hinlegte. Erwartungsvoll schaute er ihn an. Allerdings hatte er mit diesen Worten nicht gerechnet: “Warum hat der Satan dein Herz erfüllt? Warum hast du den Heiligen Geist belogen und etwas von den Einnahmen beiseite geschafft? Du hättest es doch behalten können, niemand hat es von dir verlangt.  Du hast nicht Menschen belogen, sondern Gott.”

Da wo er stand, brach Hananias zusammen und starb. Während alle noch unter Schock standen, hoben ihn ein paar junge Männer auf und trugen ihn hinaus. Was für eine harte Strafe! Sie beerdigten ihn sogleich.

Saphira hatte inzwischen ihre Erledigungen beendet. Etwa drei Stunden nach ihrem Mann betrat sie gut gelaunt den Versammlungsraum. Aber warum sahen alle so ernst aus? “Sag mal”, fragte Petrus, “ist das der Betrag, für den ihr das Grundstück verkauft habt?”

Ihr wurde heiß. O Mist, dachte sie, irgendwas ist schiefgelaufen. Der ahnt was. Wo ist Hananias? Was immer hier gelaufen ist – ich kann den jetzt nicht auffliegen lassen, sonst sind wir blamiert. Jetzt hängt alles von mir ab. Sie versucht, ihrer Stimme einen überzeugenden Klang zu geben. “Ja”, sagt sie fest, “das ist das, was wir dafür bekommen haben.”

Petrus schaut sie traurig an. “Warum seid ihr beide euch einig geworden, den Geist Gottes zu betrügen? Eben haben die Leute deinen Mann begraben, und nun bist du dran.” Und sie fiel tot vor ihm zusammen.

Es verwundert nicht weiter, dass alle, die es mitbekamen, alle, die auch nur davon hörten, von einem tiefen, heiligen Schrecken erfasst wurden. Und sie lernten: Loyalität ist kein Wert an sich. Loyalität ist nur dem Guten gegenüber gut. Loyalität, die die Loyalität gegenüber Gott aushebelt, ist keine Tugend, sondern Sünde und führt zum Gericht.

In der Bibel findet man diese Geschichte in Apostelgeschichte 5.

Wenn gute Beziehungen schlecht sind: Mutter und Tochter

silhouette-3280313_1280Menschen, die keine Materialisten sein  und sich von jenen abheben wollen, denen es nur um Geld und Besitz geht, sagen oft: “Das Wichtigste im Leben ist die Familie” oder “Das wichtigste sind Beziehungen”.

Ist es nicht wirklich ein Zeichen einer guten Beziehung zwischen Mutter und Tochter, wenn die Tochter die Mutter um Rat fragt, wie sie ein großzügiges Angebot, das man ihr gemacht hat, nutzen soll? Da muss doch ein Vertrauensverhältnis zwischen den beiden sein (na ja, vielleicht auch ein Abhängigkeitsverhältnis …). Die meisten Mütter wären stolz darauf.

Salome hatte anlässlich des Geburtstags ihres Stiefvaters, der genaugenommen ihr Onkel war, ihm zu Ehren vor den anwesenden Gästen getanzt. Was immer für ein Tanz das war – er war über die Maßen erregt und entzückt und wahrscheinlich auch einigermaßen besoffen. Ist das nicht auch entzückend, wenn so eine vorurteilsfreie, verständnisvolle und tolerante junge Dame es dir nicht nur nicht übelnimmt, dass du ihre Mutter ihrem Vater ausgespannt hast (vielleicht war der ja ein Ekel), sondern an deinem Geburtstag so eine tolle Aufführung hinlegt? Auf jeden Fall macht er ihr das Angebot ihres Lebens: “Wünsch dir, was immer du willst – bis zur Hälfte meines Königreiches kannst du haben!” Und er beeidet dieses Versprechen vor allen Gästen.

Das war ein Wort! Wahrscheinlich hatte sie viele Wünsche, aber sie ist eine richtig gute Tochter. So verlässt sie den Raum mit der angeheiterten Männergesellschaft und geht zu ihrer Mutter, um die um Rat zu fragen. Denn Mama und sie, sie haben Ziele im Leben, und Mama hat die nötige Erfahrung, was man braucht, um vorwärtszukommen. Und ja, Mama weiß schon was. Es gibt da so einen frommen Störenfried, der immer darauf herumhacken muss, dass ihre Beziehung zu Herodes auf Ehebruch beruht. Und das Schlimme ist, ihr Mann mag den Kerl irgendwie leiden. Er ist beeindruckt, wenn auch nicht genug, um Konsequenzen zu ziehen – obwohl er in anderen Belangen sogar manchmal auf ihn hört. Er hat diesen unverschämten Propheten zwar ins Gefängnis gesteckt, aber er lässt ihn immer mal wieder rufen, um sich mit ihm zu unterhalten. Dieser bigotte Mahner mit seinen religiösen Moralvorstellungen muss weg, sonst kriegt er Herodes am Ende noch rum.

Ich weiß nicht, ob Salome begeistert ist von der Idee ihrer Mutter (ich könnte mir jedenfalls vorstellen, dass ein junges Mädchen auch noch ein paar andere Wünsche hätte), aber sie hat ja gefragt, und Mama hat schon recht: Ist dieses Hindernis beseitigt, so ist der Weg zu vielen weiteren Wünschen frei. Und so geht sie zurück in den Festsaal, wo alle schon ganz gespannt sind, und sagt: “Ich will den Kopf von Johannes auf einer Schüssel – jetzt sofort!”

Tja, Herodes, wenn du solche Frauen und solche Tänze liebst, darfst du dich nicht wundern … Wenn du zu viel säufst und zu viel schwörst, bringst du dich in Situationen ohne Ausweg. Du hättest es wissen sollen, dass die beiden zusammenhalten wie Pech und Schwefel. Nun ist es zu spät. Du hast zum letzten Mal mit Johannes gesprochen und die letzte Chance zur Umkehr verpasst.

Herodes kann nicht zurück – er hat geschworen und seine “Ehre” verlangt, dass er den Schwur hält. Der Henker wird also losgeschickt und kommt bald mit dem Gewünschten zurück. Herodes, der hartgesottene Machtmensch, ist todunglücklich. Er könnte kotzen. Vielleicht hat er es auch getan, als Johannes ihn aus dieser Schüssel ansah. Schöner Geburtstag! Eine reizende Familie!

Nun geht es nicht in jeder Familie so zu, Gott sei Dank! Aber auch auf einem niedrigerem Level sind Beziehungen kein Wert an sich, sondern immer nur so gut wie die Gottesfurcht derer, die die Beziehung führen. Ich habe da noch ein paar Beispiele, die ich demnächst erzählen werde.

Die Geschichte steht in der Bibel in Markus 6 ab Vers 14.

Risiken und Nebenwirkungen

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Wir haben das Leben gern glatt und freundlich, die Pläne gelingend, die Beziehungen harmonisch, den Weg ohne Stolpersteine. Oft denken wir, dass sei ein Zeichen für den Segen Gottes. Aber der Alltag mit Gott ist manchmal ungemütlich, herausfordernd und verwirrend. Es gibt unangenehme Überraschungen. Manchmal sind wir sehr allein. Manchmal bringt es uns Vorwürfe und Unverständnis ein. Menschen fühlen sich verletzt, ohne dass wir das ändern könnten.

Ein paar kleine Beispiele aus den Evangelien, die mir in den letzten Tagen untergekommen sind:

Zebedäus ist mit seinen Söhnen Johannes und Jakobus und einigen Tagelöhnern dabei, die Fischernetze ihres kleinen Familienbetriebs zu reparieren, als Jesus vorbeikommt und die beiden ruft: “Kommt, folgt mir nach!” Gucken sie Zebedäus noch mal an und er nickt und sagt: “Geht nur, Jungs!”, oder starrt er ihnen mit offenem Mund hinterher und schreit dann: “He! Wir haben alle Hände voll zu tun, ihr könnt jetzt hier nicht einfach abhauen! Ich kann nicht noch mehr Leute einstellen!” ? Wir hören von dem Vater weiter nichts mehr. Seine Frau hat sich jedenfalls auch Jesus angeschlossen.

Oder stell dir mal vor, du bist von Jesus so begeistert, dass du ihm dein Haus zur Verfügung stellst, um zu predigen und zu heilen. Und es wird voll und voller. Vor der Tür stapeln sich die Leute. Hoffentlich muss jetzt keiner aufs Klo … Auf einmal hörst du über dir was klopfen und scharren. Sand, Mörtel, Asche, Steine und Grasbrocken rieseln in die vielen Gesichter, die sich fragend nach oben wenden. “Was machen die da?”, fragst du dich entsetzt, während das Loch in deiner Decke sich Stück für Stück vergrößert, bis vier rotgeschwitzte Gesichter dadurch nach unten schauen. Jetzt haben sie Jesus erspäht, und jetzt wird auch klar, was sie vorhaben: An Seilen lassen sie den fünften Mann auf einer Matte hinunter, genau vor Jesu Füße. Und ja, es wird wunderbar und du erlebst die Kraft Gottes zu  vergeben und zu heilen, und zusammen mit der ganzen Volksmenge in deinem Haus bist du hin und weg und beeindruckt und glückselig. Komischerweise machen sie dem Geheilten dann Platz, als Jesus ihn heimschickt. Und da kommst du wieder zu dir und guckst leicht verzweifelt nach oben und denkst: “Hätten sie ihm nicht auch auf dem Hinweg Platz machen können? Dann wäre mir das erspart geblieben.” Ich frage mich immer, ob das vielleicht das Haus von Petrus war, und er daran denkt, wenn er schreibt: “Seid gastfrei ohne Murren!”

Aber wenn wir bei Petrus und seiner Frau sind: Die hatte öfter die Bude voll, und sicher hing auch ihr Herz an Jesus, spätestens seit er ihre Mutter geheilt hat. Aber ob sie und die Frauen der anderen Jünger immer begeistert waren, dass sie so viel allein waren? Dass die Papas sogar das Passafest nicht mit der Familie feierten, sondern mit Jesus? Ganz zu schweigen von den Ängsten, die sie um ihre Männer ausgestanden haben müssen als die Feindseligkeit gegen Jesus sich zusammenbraute. Und nach Pfingsten wurde es noch schlimmer.

Das Leben als Christ ist wunderbar, aber es hat ganz alltägliche Risiken und Nebenwirkungen, und wir sollten uns nicht darüber wundern, wenn wir auch solche Geschichten erleben. Sie bedeuten nicht, dass irgendwas verkehrt läuft.

Dem Frieden nachjagen

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Als ich kürzlich den Philipperbrief gelesen habe, ist mir das Wort nachjagen aufgefallen. Paulus sagt da, dass er dem Ziel nachjagt, nämlich dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben.

Bei dem Wort nachjagen bin ich dann hängen geblieben. Das ist schon ein starkes Wort, oder? Es bedeutet auch verfolgen. Wenn z.B. Paulus schreibt, dass er früher die Gemeinde Gottes mit aller Energie verfolgte und zu vernichten suchte, dann ist das genau der selbe Ausdruck.

Da hat es mich dann doch interessiert, ob es noch mehr Dinge gibt, denen wir so mit allem Einsatz nachjagen sollen, und ich bin auch fündig geworden. Dabei ist mir ein Ziel besonders ins Auge gesprungen, weil es wiederholt erwähnt wird:

Jagt dem Frieden mit allen nach und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn schauen wird; und achtet darauf, dass nicht jemand an der Gnade Gottes Mangel leide, dass nicht irgendeine Wurzel der Bitterkeit aufsprosse und euch zur Last werde und durch sie viele verunreinigt werden (Hebräer 12, 14)

Denn wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der halte Zunge und Lippen vom Bösen zurück, dass sie nicht Trug reden; er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes; er suche Frieden und jage ihm nach! (1.Petrus 3,11)

So fliehe nun die jugendlichen Lüste, jage aber der Gerechtigkeit, dem Glauben, der Liebe, dem Frieden nach zusammen mit denen, die den Herrn aus reinem Herzen anrufen! (2.Tim. 2,22)

So lasst uns nun dem nachjagen, was dem Frieden, und dem, was der gegenseitigen Erbauung dient. (Römer 14, 19)

Der Frieden, dem wir nachjagen sollen, ist dabei keine friedliche Gleichgültigkeit, die jeden nach seiner Fasson leben lässt.  Heiligkeit, Reinheit, Gerechtigkeit und Liebe spielen darin keine Nebenrolle. Gott erwartet realistischer Weise nicht, dass wir, selbst wenn wir uns bemühen, mit jedem Gottlosen in Frieden leben können. Aber dass die, die ihn lieben, gemeinsam diesem Frieden mit aller Kraft nachstreben, das erwartet er wohl. Das Wort nachjagen impliziert einiges an Schwierigkeiten und Hindernissen. Dass es einfach wird, ist nirgends versprochen. Aber wenn Gott uns ein Ziel vor Augen stellt, dann lohnen sich alle Tränen und Gebete, alle Geduld und alle investierte Zeit, weil es das wert ist.

Dickköpfen kann geholfen werden!

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Ich vermute, als der Brief von Paulus an die Philipper vorgelesen wurde, schossen zwei Frauen plötzlich aufrecht in die Höhe, und zwar in den zwei entgegengesetzten Ecken des Raumes! Sie hatten ihre Namen gehört!

Ich ermahne Evodia, und ich ermahne Syntyche, einmütig zu sein im Herrn. Ja, ich bitte auch dich, treuer Gefährte, nimm dich ihrer an! Sie haben mit mir für das Evangelium gekämpft, zusammen mit Klemens und meinen anderen Mitarbeitern. Ihre Namen stehen im Buch des Lebens. (Philipper 4,2.3 EÜ)

Man muss sich das mal vorstellen! Öffentlich! Manchmal müssen die Probleme auf den Tisch, und Paulus war da nie zimperlich. Wahrscheinlich wussten es sowieso schon alle, dass die zwei Zoff hatten. Paulus will sie auch nicht demütigen, er spricht im Gegenteil im gleichen Atemzug seine tiefste Wertschätzung aus. Diese Frauen sind nicht irgendwer. Sie lieben Jesus. Sie sind treue und bewährte Mitarbeiterinnen. Sie sind ganz ohne Zweifel Gottes geliebte Kinder, und das alles macht es wichtig, sich mit ihrem Streit zu befassen. Denn wer mitarbeitet, hat Einfluss auf andere. Wer für das Evangelium kämpft, zeigt durch sein Leben, was das Evangelium ist. Wer zu Gottes Familie gehört, wirft durch sein Verhalten ein gutes oder schlechtes Licht auf den Vater.

Nun stell ich mir so vor, ich wäre eine der beiden. Das ist ja eine tolle Ermahnung: Seid einmütig! Ja, das wäre ich ja gerne, Dieser Zwist macht mir auch keinen Spaß! Seit Wochen kann ich nachts nicht schlafen! Aber wenn ich recht habe, kann ich doch nicht einfach meine Meinung wechseln! Es gibt doch noch so was wie richtig und falsch! Ich nehme nicht an, dass die beiden Schwestern einfach nur zickig waren, und es um persönliche Befindlichkeit ging. Diese Sorte Frauen waren sie nicht. Sie sahen etwas vollkommen verschieden, und das war nicht überein zu bringen. Paulus wusste übrigens, wie das ist. Er und Barnabas hatten auch mal einen fürchterlichen Streit gehabt wegen eines Mitarbeiters. Der hatte sich nicht bewährt, und Paulus wollte ihn nicht mehr mitnehmen. Barnabas mit seinem weichen Herzen hatte in seinen Augen einfach keine Prinzipien! Im Werk Gottes kann nicht jeder ohne Charakter einfach mitmachen! Das ging so weit, dass sie sich trennten. Später musste Paulus allerdings seine Meinung über diesen Mitarbeiter revidieren und lud ihn wieder in sein Team ein.

Ja, was macht man, wenn man Dinge einfach verschieden sieht? Die gute Botschaft ist: Hilfe ist möglich! Bei einer Meinungsverschiedenheit muss man nicht gleich die Flinte ins Korn werfen und getrennte Wege gehen! Und wenn man selbst vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht, braucht man Hilfe von außen – durch jemand, der in den Konflikt nicht verwickelt ist (und sich auch nicht verwickeln lässt), der alle beide lieb und Mut hat, die Wurzeln der Probleme aufzudecken und anzugehen. Kein Job für Feiglinge und Besserwisser und auch nicht für Diplomaten, die nur Waffenstillstand wollen, sondern für Beter, die wissen, dass diese Aufgabe sie völlig überfordert, aber dass Gott kann!

Vielleicht lässt sich, wenn man miteinander das Wort Gottes studiert, eine echte Lösung finden. Vielleicht kann auch jemand helfen zu erkennen, dass man einen anderen Standpunkt einfach mal stehen lassen und es in Gottes Hände geben kann, damit Er – falls es wirklich wichtig ist – es dem Bruder/ der Schwester (oder mir!!) zu Seiner Zeit klar macht. Vor allem braucht man Hilfe für den richtigen Blick auf den “Kontrahenten”, um den anderen immer noch als wertvollen Mitarbeiter und Gottes Kind zu sehen und zu lieben. Die Einheit ist in Jesus. Man braucht unter Umständen Beistand, um sein Herz zu erforschen und seine eigentlichen Motive zu sehen: Warum will ich das unbedingt durchdrücken? Bin ich vielleicht doch einfach streitsüchtig? Kann es sein, dass ich aus einer Mücke einen Elefanten mache? Geht es hier um mich oder um Gott? (Da kann man sich gewaltig was einreden und sich über sich selbst täuschen!) Kann ich mich auch mal unterordnen? Hab ich Geduld? Höre ich dem anderen richtig zu? Hab ich mich genug bemüht, die Dinge aus seiner Perspektive zu betrachten? Bedenke ich seine Einwände, oder fege ich sie einfach vom Tisch? Wie hoch schätze ich die Einheit der Gemeinde, dass ich ihr unseren Streit nicht antun will, der sie vielleicht zerreißen kann? Oder genieße ich am Ende heimlich den Gedanken, dass Leute sich auf meine Seite schlagen könnten?

Ich habe leider viel Streit in Gemeinden gesehen, seit ich mit Jesus auf dem Weg bin, sogar eine Gemeinde, die sich “totgespalten” hat, und zwar nicht wegen Irrlehre – das wäre ja ein guter Grund –, sondern wegen Rechthaberei in Nebendingen. Man kann sich wegen so vielem gegenseitig zerfleischen: Musikstil, Kindererziehung, Gemeindestruktur, Kleiderordnung, Geld, Diensten … Zurück bleiben  gebrochene Herzen bei denen, die mit dem eigentlichen Streit gar nichts zu tun hatten. Schwache bleiben ganz auf der Strecke. Gottes Name und der Ruf der Gemeinde wird beschmutzt. Ist es das wert? Wer möchte ernsthaft für so etwas verantwortlich sein? Dann doch lieber einmal öffentlich rotwerden, Hilfe annehmen – und die Einheit in Jesus neu umfassen!