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Mit Petrus durch die Pandemie

UnbenanntFür letztes Jahr hatte ich mir ein Projekt vorgenommen: Ich wollte den 1.Petrusbrief auswendig lernen. Ein Jahr lang zwei Verse die Woche erschien mir moderat und machbar. Und tatsächlich war es eine tolle Erfahrung – die Anwendungen waren überall gegenwärtig und meine armen Freunde mussten sich bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit Zitate aus dem 1.Petrusbrief anhören.

Was also hab ich von Petrus gelernt? Ein paar Punkte:

1. Was uns lang und überflüssig vorkommt, ist kurz und nötig. Die Schwierigkeiten der Menschen, denen Petrus schrieb, waren anders als unsere. Aber sie hatten auch die Tendenz, sie mürbe zu machen. “Hat das nie ein Ende? Was fällt denen, die am längeren Hebel sitzen, noch alles ein? Wie kann ich so meinen Glauben leben?” Petrus gibt uns eine andere Perspektive. Zweimal, am Anfang (1.Petrus 1,6) und am Ende (1.Petrus 5,10) sagt er, dass es sich nur um einen kurzen Zeitabschnitt handelt, durch den wir durch müssen, weil es nötig ist. Unser Glaube muss auf Echtheit geprüft werden, und danach kommt ewige Herrlichkeit.

2. Die Bruderliebe darf unter der Krise nicht leiden. Sie soll anhaltend sein. Wir dürfen nicht aufgeben, einander zu vergeben und einander zu dienen. Durch unseren Umgang miteinander muss Christus verherrlicht werden. Manchmal bedeutet das, sich wirklich ein Bein auszureißen, um jeden mitzunehmen, der Ängste oder Gewissenskonflikte hat, und  unseren Perfektionismus oder Starrsinn zu opfern. In dieser Pandemie hat der Teufel wirklich viele Ideen entwickelt, um Christen zu spalten, und wir sollten ihm keinen Raum geben. Paulus sagt es so: “Ein Jeder sehe nicht auf das Seine, sondern ein jeder auch auf das des anderen.

3. Hüte dich vor Lug und Trug und üblem Nachreden. Die Welt strotz vor Lügen. Wir befinden uns in einem satanischen Informationskrieg, der durch die Möglichkeiten des Internets jeden erreicht und verwirrt. Skepsis gegen alle Medien, gleich welcher Couleur, ist sicher angebracht. Als die Pandemie über uns hereinbrach, war ich auch schnell, Partei für bestimmte Sichtweisen zu ergreifen, bis mir auffiel, dass ich Dinge behauptete, die ich nicht wirklich wusste. Ich glaube, es braucht Bescheidenheit, um zuzugeben, dass man nicht in jedem Fall die Wahrheit herausfinden kann. Gott hält manche Sachen unter Verschluss.  Ein bisschen “Ich weiß es nicht” steht uns Sterblichen ganz gut. Gott wird zu seiner Zeit das Verborgene offenbar machen. Wir müssen uns aber davor hüten, Menschen zu verdächtigen und zu beschuldigen und Böses über sie zu reden, wenn wir es nicht sicher wissen (s, auch  1.Petrus 2,1). Das gilt sogar für Politiker.

4. Äußere Freiheit ist überbewertet. Manchmal ist die Bibel gar nicht so leicht zu verkraften. Dass es Sklaven gibt, Menschen, über deren Leib und Leben “Herren” verfügen, scheint für Petrus kein Problem zu sein. Er fordert sie nicht zum Freiheitskampf auf, sondern sagt, sie sollen sich unterordnen. Dasselbe sagt er allen in Bezug auf die Obrigkeit und den Frauen in Bezug auf die Männer. Das stößt uns mit unserem Anspruch auf persönliche Freiheit ganz schön auf. Wir sind es gewohnt, in “Rechten” zu denken. Petrus hält sich damit nicht auf. Wenn man euch Unrecht tut, verherrlicht Christus damit. Eure Freiheit besteht darin, Sklaven Gottes zu sein und Gutes zu tun. Kein Grund zu Aufregung und Aufruhr! Unser äußerer Freiheitsstatus scheint für Gott ziemlich zweitrangig zu sein, und unsere innere Freiheit kann uns niemand nehmen. Und wie äußert die sich? “Erweist jedermann Achtung, liebt die Bruderschaft, fürchtet Gott, ehrt den König!” Da bin ich oft schuldig geworden und übe noch.

5. Demütige dich unter die Hand Gottes. Wir dürfen und müssen unsere Hilflosigkeit eingestehen, und wir können es, weil einer für uns besorgt ist. Ich liebe es, wie die Elberfelder Übersetzung hier das eine mit dem anderen verknüpft:  “Demütigt euch nun unter die mächtige Hand Gottes, damit er euch erhöht zur ⟨rechten⟩ Zeit, indem ihr alle eure Sorge auf ihn werft! Denn er ist besorgt für euch” (1.Petrus 5,6-7). Erst wenn du akzeptierst, dass Gott als liebevoller Vater die Schwierigkeiten in deinem Leben verordnet hat (“weil es nötig ist”) und aufhörst, dagegen zu rebellieren, kannst du deine Sorgen wirklich abgeben.

6. Alles ist Jesus unterworfen. Der Teufel tobt und brüllt und versucht uns einzuschüchtern und durcheinanderzubringen, aber die Macht liegt bei Jesus (1.Petrus 3,22).  Wir sollten keinen Moment glauben, ihm sei irgendetwas entglitten. Wir können ihm inmitten aller Spannungen und Nöte unsere Seelen anbefehlen und dabei das Gute tun.

Aus dem Tagebuch von Petrus (3)

Eine Nacherzählung

Teil 1 und Teil 2

4. Eintrag

Heute ist Donnerstag. Wir haben Passah gefeiert, nur wir zwölf aus dem engsten Kreis und Jesus. Beim Essen fängt Jesus auf einmal an zu sagen: „Einer von euch wird mich ausliefern.“ Uns sank allen das Herz in die Hose. Einer von uns? Jeder von uns fragte: „Ich doch nicht? Wer könnte so etwas tun?“ Aber Jesus sagte nur: „Einer von euch Zwölfen, die hier mit mir essen. Zwar muss das alles mit mir passieren, was passieren wird, aber wehe demjenigen, der das tut. Besser wäre er nie geboren.“

Beim Essen sagte er dann: „Jetzt wird sich das erfüllen, was in der Heiligen Schrift vorhergesagt wurde: Der Hirte wird geschlagen, und die Schafe werden sich zerstreuen. Heute Nacht werdet ihr alle nicht zu mir halten. Aber wenn ich wieder auferweckt worden bin, werde ich euch in Galiläa treffen.“ Und dann wandte er sich zu mir und sagte: „Der Teufel wird euch alle durchschütteln wie das Korn auf der Tenne. Aber ich habe schon für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhört. Und wenn du wieder zu mir zurückkommst, dann sollst du deine Brüder stärken.“ Also wirklich! dachte ich. Was denkt er denn von mir? Bin ich ihm nicht ein treuer Freund gewesen? Hab ich nicht alles für ihn aufgegeben? Bin ich etwa ein Deserteur, der abhaut, wenn´s brenzlig wird? Ich würde ihn verteidigen bis aufs Blut! „Wenn keiner mehr zu dir hält“, sagte ich ihm, „auf mich kannst du dich verlassen. Ich bin bereit ins Gefängnis zu gehen oder zu sterben, aber dich verlassen – das kommt nicht infrage!“ Die anderen sagten auch Ähnliches, aber mich schaute Jesus ruhig an und sagte: „Ehe der Hahn zweimal gekräht hat, wirst du mich dreimal verleugnen.“

Rede du nur, dachte ich, ich werd´s dir beweisen.

Dann sagte Jesus, er wolle beten und nahm uns mit nach Gethsemane, das ist so ein Garten, wo wir öfters sind und manchmal sogar übernachten. Die anderen sollten sich hinsetzen, und Jakobus und Johannes und ich sollten mit ihm kommen. „Wartet hier auf mich, wenn ich bete. Passt auf!“, sagte er. Er war extrem ängstlich und beunruhigt und ging ein wenig weiter und warf sich auf die Erde, um zu beten. Und dann sind wir drei einfach eingeschlafen. All diese düsteren Reden, die Verwirrung, seine Angst – wir waren von all dem so fertig, wir konnten einfach nicht mehr. Nach so etwa einer Stunde hat er mich dann geweckt; das war mir ganz schön peinlich. „Schläfst du?“, fragte er. „Hast du es keine Stunde ausgehalten, mit mir zu wachen? Ihr solltet lieber wachen und beten, denn der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach.“ Und dann ging er wieder beten, und wir schliefen wieder ein, und so ging das dreimal. Schließlich sagte er: „Dann schlaft mal weiter! Kommt, wir müssen gehen. Es ist soweit – ich werde jetzt ausgeliefert.“

Und dann kam Judas mit den Schergen des Hohepriesters, alle bewaffnet bis an die Zähne, und Judas – also ER war es! – kam auf ihn zu und küsste ihn. In dem Moment haben wir verstanden, was die Stunde geschlagen hatte, und ich dachte: „Jetzt gilt´s!“ und nahm das Schwert, mit dem ich mich vorsichtshalber bewaffnet hatte, und schlug dem einen das Ohr ab. „Es reicht“, sagte Jesus da, und berührte sein Ohr und heilte es! Da wusste ich nicht mehr, was ich da noch sollte. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er gar nicht wollte, dass wir ihn verteidigen. Einfach nur zugucken, wie er verhaftet wird? Kein Widerstand? Uns einfach mitverhaften lassen wie die Lämmer, die man zum Schlachten führt? Wir nahmen alle die Beine in die Hand und suchten das Weite.

Und ließen ihn allein.

Ich glaube, ich war noch nie in meinem Leben so verwirrt. Ich musste mich orientieren, wissen, wie das weitergeht. Das Herz blutete mir. Er ist nicht nur mein Messias, er ist ja auch mein Freund. Ich hänge an ihm. Ich habe Johannes gefragt; der hat irgendwie Vitamin B, und so durfte ich in den Hof des Hohenpriesters, denn ich wollte beobachten, was jetzt passiert. Ich fror wie verrückt. Es war kalt, aber ich fror auch von innen heraus, und ich wollte nicht allein sein, aber auch nicht auffallen, und so setzte ich mich zu den Dienern ans Feuer. Wir alle beobachteten gebannt, was sich da abspielte. Er stand da, und sie schleppten lauter Zeugen gegen ihn an, die sie wahrscheinlich gekauft hatten, aber sie hatten sie nicht gut vorbereitet, und so widersprachen sie sich gegenseitig. Jesus sagte gar nichts dazu. Schließlich fragte ihn der Hohepriester: „Bist du der Messias, der Sohn des Hochgelobten?“ Und Jesus antwortete: „Der bin ich! und ihr werdet den Menschensohn an der rechten Seite des Allmächtigen sitzen und auf den Wolken des Himmels kommen sehen.“ Jetzt! dachte ich, jetzt muss doch der Himmel seine Engel schicken und ihn da rausholen! Aber nichts dergleichen geschah, sondern alle schrien: „Man muss ihn töten!“ und begannen ihn anzuspucken und mit den Fäusten ins Gesicht zu schlagen.

Ich war völlig zerstört. Wer war dieser Mann? Hatte ich mich getäuscht? Hatte ich ihn nicht leuchten gesehen auf jenem Berg? Hatte ich nicht Gottes Stimme gehört? Wo war Gott jetzt?

Da kam eine von den Frauen, die für den Hohepriester arbeiteten, und sah mich scharf an. „Du gehörst doch auch zu dem Nazarener Jesus!“ Ich konnte nur mit Mühe mein Zittern beherrschen. „Nein, sagte ich, „ich doch nicht. Ich habe keine Ahnung von was du redest.“ Ich ging vorsichtshalber in den Vorhof. Aber dort war ein anderes Mädchen – hatten die sich abgesprochen? –, und sie sagte zu denen, die da herumstanden: „Der gehört auch zu diesem Jesus!“ „Nein, verdammt!“, erwiderte ich, „ich kenne den noch nicht einmal!“ dusan-smetana-Fxg394rc6JQ-unsplashDa fingen die anderen auch an: „Klar gehörst du dazu! Dein Akzent verrät dich!“ „Verflucht noch mal, nein! Ich schwör´s!“ Da krähte der Hahn zum zweiten Mal. Und Jesus drehte sich um und schaute mich an. Mit einem Blick voller Schmerz und voller Liebe, mit einem „Ich habe für dich gebetet“-Blick. Ich verließ den Hof und weinte und weinte und weinte. Ich hatte versagt. Ich hatte ihn verletzt. Ich war so ein selbstsicheres Großmaul gewesen, aber er kannte mich. Er hatte mir schon im Voraus vergeben. So viel Liebe!

Und jetzt würden sie ihn umbringen, und ich war allein, so allein wie noch nie. Der Hirte war geschlagen und die Schafe zerstreut, wie er gesagt hatte.

Aus dem Tagebuch von Petrus (2)

Eine Nacherzählung biblischer Ereignisse; der Beginn steht hier


3.Eintrag:

yousef-espanioly-Wd9JdX7a7ls-unsplashHeute Abend passierte dann wieder etwas sehr Beunruhigendes. Wir waren bei Simon eingeladen. Lazarus, den Jesus von den Toten auferweckt hat, war auch da, und Marta hatte mal wieder lecker gekocht und uns das Essen aufgetragen. Da kommt auf einmal eine Frau herein mit einer wertvollen Flasche Salböl in der Hand, entkorkt die Flasche und gießt das Zeug Jesus über den Kopf. Wir waren alle erstmal total perplex, was das sollte – dann fing Judas an, sich aufzuregen. Er meinte, das wäre doch jetzt die totale Verschwendung; sie hätte das Zeug lieber spenden sollen, da hätte man 300 Denare für bekommen und damit einen Haufen arme Menschen ernähren können. Judas weiß immer, was etwas wert ist; schließlich führt er unsere Kasse. 300 Denare – uns blieb der Mund offenstehen: Dafür muss ein Arbeiter fast ein Jahr schuften! Was die Frauen alles so mit sich herumtragen! Wir waren alle geneigt, uns Judas anzuschließen – das war ja nun ein völliger Blödsinn, das Jesus überzukippen! Aber Jesus nahm sie in Schutz: „Lasst sie in Ruhe! Wenn ihr den Armen helfen wollt, könnt ihr das immer tun. Aber mich habt ihr nicht mehr lange. Sie hat getan, was sie konnte, sie hat mich schon zum Begräbnis gesalbt.“ Begräbnis – bumm! Da war er wieder, der dunkle Schatten! Er kann einfach nicht aufhören damit. Ich glaube, Judas war gekränkt, dass er nicht Recht bekam. Er verließ kurz danach das Haus.

Fortsetzung folgt

Advent: Große Freude–worüber?

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Am Sonntag hörten wir eine Predigt über Zacharias und Elisabeth, die Eltern Johannes der Täufers (Lukas 1). Sie hatten viele Jahre um einen Sohn gebetet, und nun waren sie alt geworden. Während Zacharias, der Priester war, seinen Dienst im Tempel tat, wird ihm dann die Geburt seines Sohnes Johannes angekündigt.

Während meine Gedanken sich mit der Frage beschäftigten, wie alt Zacharias gewesen sein mag, schoss es mir plötzlich durch den Kopf: Es war vielleicht eine Gnade, dass Gott sie so alt werden ließ, ehe er ihnen den ersehnten Sohn gab – denn wer möchte den Kopf seines Sohnes auf dem Silbertablett einer hasserfüllten, intriganten, gottlosen Frau sehen? Vielleicht ist ihnen das erspart geblieben, weil sie da schon nicht mehr lebten?

Dann dachte ich weiter nach über diese Eltern. Zacharias wird durch den Engel gesagt:

Gott hat dein Gebet erhört. Deine Frau Elisabeth wird dir einen Sohn schenken, und den sollst du Johannes nennen. Du wirst überglücklich sein, und auch viele andere werden sich über seine Geburt freuen, denn vor Gott wird er ein Großer sein. Er wird keinen Wein und auch keine anderen berauschenden Getränke anrühren und von Mutterleib an mit dem Heiligen Geist erfüllt sein. Viele Israeliten wird er zum Herrn, ihrem Gott, zurückführen. Im Geist und in der Kraft des Propheten Elija wird er dem Herrn als Bote vorausgehen. Er wird die Herzen der Väter zu ihren Kindern umkehren lassen und Ungehorsame zur Gesinnung von Gerechten zurückführen, um so das Volk für das Kommen des Herrn bereit zu machen. Lukas 1,13-17

Die Geburt dieses Kindes hätte nicht jeden überglücklich gemacht. Viele Eltern träumen von ganz anderen Dingen: Dass es ihrem Kind gut geht, dass es Karriere in dieser Welt macht und ein gutes Auskommen hat, dass es gesund bleibt, einen liebevollen Partner findet und aus den Eltern geliebte Großeltern macht. Aber Zacharias und Elisabeth waren glücklich, weil die Geburt ihres Kindes bedeutete, dass der Messias auf dem Weg war. Wie sehr muss man Gott lieben, damit man sich darüber freuen kann, dass der Sohn ein Prediger in der Wüste wird, der sich von Heuschrecken und wildem Honig ernährt und (vermutlich) weder Frau noch Kind hat und schließlich umgebracht wird, weil er die Wahrheit gesagt hat? Wenn wir an unsere Kinder denken, wünschen wir ihnen ein bequemes Leben in Wohlstand und irdischem Glück, oder ist es unsere größte Freude, wenn sie Gott dienen und Christus verherrlichen – egal, was es kostet?

Liebe bis zum Ende

“Es ist doch schön, mal wieder Schmetterlinge im Bauch zu haben,” sagte meine Kollegin, die gerade zum zweiten Mal geheiratet hatte. “Und wenn es sich irgendwann nicht mehr so gut und rund anfühlt, dann weiß ich, dass es vorbei ist.” Wie man sich fast denken kann, hat das nicht lange gedauert …

Wie ganz anders ist die Liebe Jesu! Im Johannesevangelium heißt es (13,1):

Vor dem Passahfest aber, da Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, aus dieser Welt zum Vater zu gehen: Wie er die Seinen geliebt hatte, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende.

Es lässt sich auch so übersetzen: Er liebte sie bis zum Äußersten. Seine Liebe bestand den endgültigen Härtetest: den freiwilligen Tod am Kreuz für ihre Erlösung. Sie wackelte und wankte nicht – auch wenn Jesus als Mensch tief erschüttert war. Einer aus dem engsten Kreis war schon auf dem Sprung, ihn zu verraten. Zudem wusste er, dass Petrus trotz seiner großen Klappe und seinem eigentlich loyalen Herzen  in Kürze aus Angst und Verwirrung behaupten würde, ihn nie gekannt zu haben. Seine Jünger verstanden seinen Weg noch immer nicht, obwohl er es ihnen wieder und wieder erklärt hatte, dass er erst mal durch  Leiden und Hinrichtung gehen würde. Es ging einfach nicht in ihren Kopf, hatten ihm die Massen doch gerade erst zugejubelt. Und genauso wenig verstanden sie, was er versucht hatte ihnen einzuhämmern: dass im Reich Gottes Erniedrigung groß ist und Verlust Gewinn und das Glück im Lieben und Geben besteht und nicht in Ehre und Karriere.

wash-bowl-1253905_1920Und so demonstriert er es ihnen noch einmal. Sie wollen bald zusammen essen, aber hier ist kein Sklave, der ihnen vorher den Straßenstaub von den Füßen waschen könnte. Da bindet sich Jesus die Schürze um, schnappt sich ein Handtuch und füllt Wasser in die Waschschüssel. Er weiß, wer er ist: Er ist der Herr. Gott hat alles in seine Hände gegeben. Er ist auch der Meister seiner Jünger. Aber er besteht nicht auf seiner Position, sondern verhält sich wie ein Diener. Den Jüngern hat es die Sprache verschlagen; allen außer Petrus – der findet noch Kraft zum Protest: “Auf keinen Fall sollst du mir die Füße waschen!” Jesus erklärt ihm ruhig, dass das unumgänglich ist, weil er sonst keine Gemeinschaft mit ihm haben kann. Daraufhin möchte Petrus am liebsten gleich ganz gebadet werden, denn Gemeinschaft mit Jesus ist alles, was er will! Worauf Jesus ihm antwortet: “Wer gebadet ist, hat es nicht nötig, gewaschen zu werden, ausgenommen die Füße, sondern er ist ganz rein. Und ihr seid rein, aber nicht alle.” (Das bezog sich auf Judas.)

Diese Fußwaschung ist dreierlei: Zum ersten ein ganz realer Dienst, den Jesus an den Jüngern übt – die Arbeit eines Niedrigen, damit die Höhergestellten sich wohlfühlen.. Zum zweiten ein Symbol für die Reinigung, die wir alle immer wieder von Jesus brauchen, wenn wir uns durch Sünde beschmutzt haben. (Diese Reinigung hat ihn noch in ganz anderem Ausmaß Erniedrigung und Selbstentäußerung bis zum Tod gekostet.) Und drittens ein Lehr- und Anschauungsstück für uns, wie wir uns gegenseitig dienen und nicht beherrschen sollen, und zwar im natürlichen wie im geistlichen Bereich.

Jesu Liebe ist Dienst und Opfer, aber auch Seelsorge. Er ist ständig bemüht, seine Jünger vorzubereiten auf die schwierige Zeit, die vor ihnen liegt. Sie werden mit vielem fertig werden müssen: Dass einer von ihnen sich als Verräter entpuppen wird. Dass er selbst, auf den sie sich abgestützt haben, auf den sie all ihre Hoffnung gesetzt haben, der sie versorgt hat, ihnen entzogen sein wird. Sie werden sich so orientierungslos fühlen wie Schafe, deren Hirte erschlagen wurde. Sie werden konfrontiert sein mit ihrer eigenen Schwäche, ihrer Angst, ihrem Versagen (ganz besonders Petrus). Schon wenn er ihnen diese Dinge jetzt vorhersagt, sind sie völlig überwältigt. Sie kriegen das alles in ihren Kopf nicht rein. Und so tröstet Jesus sie, indem er ihnen sagt, dass Gott keinesfalls die Kontrolle verloren hat, und dass sie nicht untergehen werden, wenn es sich vielleicht auch vorrübergehend so anfühlt. Sie sollen und müssen ihren Glauben nicht wegwerfen! Sie werden von Gottes Liebe nie mehr getrennt werden können. Deswegen kann Jesus ihnen sagen:

Euer Herz werde nicht bestürzt. Glaubt an Gott, und glaubt an mich!

Es ist keinesfalls alles zu Ende, sondern er bahnt ihnen einen Weg nach Hause, und dann wird er wiederkommen und sie zu sich nehmen. Sie werden für ewig da sein, wo er ist. Ein Platz im Vaterhaus ist ihnen sicher. Seine Liebe endet nicht an ihrem Unverständnis, nicht an ihrer Angst, nicht an ihrem Versagen. Geduldig beantwortet er ihre Fragen. Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Er wird nicht im Tod bleiben. In ihm sehen sie das Wesen des Vaters und durch ihn hören sie seine Worte: selbstlose Worte der Ermutigung, die Aufforderung, einander zu lieben und zu dienen, das Versprechen eines ewigen Zuhauses auf seine Kosten – und das alles, während das Kreuz vor ihm steht.

Dies ist eine Zusammenfassung von Predigten der letzten Wochen über Johannes 1314,11.