Kindergeschrei – Lob und Klage

Weil ihr aber Söhne seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen,
der da ruft: Abba, Vater! (Gal. 4,6)

Erinnerung an den 15.1.1970 oder Die Geschichte aller verlorenen Kinder

Erschöpft und zerlumpt
bin ich in deine Arme gefallen.
Frei hatte ich sein wollen
und fand nur den Absturz ins Bodenlose.
Hölle ist,
wo du nicht bist,
Verwundung – und kein Helfer,
Krankheit – und kein Arzt,
Fremde – und keine Hoffnung auf Heimkommen,
Durst – und nur brackige Brühe,
Hunger – und noch nicht einmal Schweinefraß.

Ach, Vater, ich kannte dich nicht!
Ich glaubte dem Lügner,
und er hätte mich fast umgebracht.
Und du sahst mich, bevor ich dich sah,
und das Mitleid hat dich geschüttelt,
und du kamst mir entgegen,
denn du wusstest, ich schaff das nicht mehr,
wenn du mich nicht trägst.

Und nun wohn ich bei dir,
feiernd und auflebend,
langsam genesend,
Gehorsam lernend.

– Vater, ich liebe dich!
Bei dir ist Trost,
Gesundung, Zuhause
und Wein und Brot.

Und jetzt bleib ich.

Wort – Assoziationen

Beim Vater sein:
Wissen, wo man hingehört,
schwach sein dürfen,
Ruhe finden,
getröstet werden,

bringen, was man kaputt gemacht hat,
die verknoteten Knäuel entwirren lassen,
sich ausweinen können,
sich nicht schämen müssen,

sich anschmiegen,
in ein gütiges Gesicht aufschauen,
die Hand in seine legen und blind vertrauen,

Wunden verbinden
und die Splitter entfernen lassen,
Schmerzen in Geborgenheit aushalten,
wissen, dass alles gut wird,

ermahnt werden,
Schläge spüren,
überlegene Weisheit anerkennen,
hören und gehorchen,

Lasten abgeben,
ganz selbstverständlich versorgt sein,
Geschenke genießen,
sich unbekümmert freuen…..

Abba, lieber Vater!

Spaziergang

Wir sind durch die Wiesen gelaufen,
und unser Herz hat Schönheit getankt,
unsre Hände haben aus der Fülle gepflückt:
Gräser und Klee, filigranen Wiesenkerbel, duftig
wie weiße Wölkchen,
Hahnenfuß und Pusteblumen
und wie die Herrlichkeiten alle heißen.

Und alles hat dich gelobt,
erzählt von deiner Phantasie,
deinem Farbensinn, deiner Lust an der Lust,
deiner Sorgfalt und Liebe zum Detail,
deinem unerschöpflichen Reichtum.

Das alles hast du für uns gemacht;
ganz überschüttet hast du uns
mit Zeichen der Zuneigung,
sicher in Vorfreude schon
über unsere Begeisterung gelächelt.

Vater, du mein Vater!
schenken ist deine Natur:
Du bist Schöpfer aus Liebe.

Mir geht’s gut bei dir!

Müde und traurig

vor Verwirrtheit
sehn ich mich
nach dem Platz der Stille:
Erst mal alles dem Vater erzählen,
die Bedrückung in Worte fassen,
den Jammer ausspucken,

lauschen……

Ich weiß, deine Antworten
brauchen manchmal Jahre,
bis sie mich bereit finden.

Dennoch werde ich
hier und heute
erleichtert weggehen,
weil du gehört hast.

Wo kann ich mehr ganz wahr sein als bei dir?
Wo brauch ich weder Hülle noch Versteck?
Wo anders bin ich schutzlos so geschützt?
Ich fürchte dich und fürcht mich nicht vor dir.

Seit ich bei dir bin, bin ich ohne Scham.
Ich decke auf, weil mich die Liebe deckt.
Ich lass mich kennen, weil du mich schon kennst:
Du hieltst mich nie für besser als ich bin.

Dass du mich völlig angenommen hast,
bezeugen immer wieder Wein und Brot.
Sie zeigen, dass mein Dreck dich nicht verschreckt,
und dass du eine Lösung dafür weißt.

Geborgenheit, die kein Verstand begreift!
Ich wohne bei dem Feuer, das verzehrt,
ich spiele vor dem allerhöchsten Thron.
Ich kann dem Richter in die Augen sehn.

Ich möchte wieder
ein Schätze – Entdecker werden,
einer, der gräbt und buddelt,
fragend und durstig,

und der dann über Erwarten
fündig wird
und lachend und weinend staunt
und schaut und genießt
und sich nicht sattglauben kann.

Ich möchte wieder
eifrig werden
und gierig nach deinem Wort,
ganz wahrheitshungrig
und offen – herzig,
ganz handlungsbereit suchend.

Und wie du mir aufpackst
von all deinem Reichtum im Überfluss,
so lass mich –
nicht so moderat,
nicht so tropfenweise –
gehorchen.

Gebet eines Elenden, wenn er verzagt ist und seine Klage ausschüttet vor dem HERRN

Warum, Herr,
müssen wir uns hier abquälen,
wo Müdigkeit die Müdigkeit ablöst
bis zur Erschöpfung?

Ich bin übersättigt mit Traurigkeit.
Wüsste ich einen Fluchtweg,
ich würde ihn gehen.

Warum lässt du die zerbrechliche Saat
niedertreten von Elefantenfüßen,
warum hältst du Disteln und Dornen,
die das Korn ersticken, nicht zurück?

Auch ich selbst irre umher
im Labyrinth meiner Fehler
und finde die Tür nach draußen nicht.
Wie immer ich’s anpacke,
scheint es verkehrt.
Nach deinem Willen tast ich
wie im Nebel.

Warum, Herr,
sind unsere Seelen so verkrüppelt und windschief,
warum können wir das Lieben nicht lernen?
(Und mühen uns so!)

– Manchmal möchte ich schon gern
von oben sehn
und das Muster erkennen,
das du webst,
und den Tempel,
den du aus den Trümmern baust!

Mein Gott,
ich hoffe auf dich!

Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch in den Trübsalen, da wir wissen, dass die Trübsal Ausharren bewirkt, das Ausharren aber Bewährung, die Bewährung aber Hoffnung; die Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden, denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist…… Römer 5,3-5

Dass es so schwer ist zu glauben,
hilflos herumrudernd im Sturm,
während mein Boot fast versinkt,
sich meine Kräfte erschöpfen –
Vater, es ist gut,
dass ich es vorher nicht wusste,
vielleicht hätte mir
der Mut gefehlt.

Aber jetzt bin ich froh,
dass ich bin, wo ich bin,
hätt ich doch sonst nie erfahren,
wie du meine Seele stützt und stärkst,
dass sie sich wieder aufrichtet
wie ein Halm nach dem Regen,

hätt ich doch sonst nichts empfunden
von deinem zärtlichen Mitgefühl
mit dem Kloß in meinem Hals
und dem Stein auf meinem Herzen
und all den Wehen,
in denen ich mich krümme,

hätt ich dich doch nie so gut
kennengelernt.

Ich bin bekümmert
über meine Kälte,
weil ich weiß,
dir gebührt Liebe und Lobgesang,
dir gebührt ein brennendes Herz –
und weniger ist zu wenig.

Ich bin besorgt
über mein Abgelenkt –Sein,
denn ich weiß,
du willst mich ganz und total,
du teilst mit nichts und mit niemand –
und weniger ist zu wenig.

Ich bin beschämt
über meine Trägheit,
denn ich weiß,
du verlangst Hingabe und Eifer,
vollen Einsatz und Fleiß –
und weniger ist zu wenig.

Du bist ein so eifersüchtiger Gott,
und ich kann dir in nichts genügen.
Aber weil du mein Vater bist,
komm ich und weine vor dir
über mein kaltes,
gespaltenes,
müdes Herz.
Wohin sonst sollte ich gehen?

Immer wieder
soll mir dein Wort
den Kopf zurecht setzen,
der sich so leicht verirrt
und bunten Seifenblasen
nachschaut.

Immer wieder
soll mir dein Geist
das Herz ausrichten,
wenn es abgelenkt wird
durch ehebrecherische
Angebote.

Immer wieder
soll deine Hand
mich züchtigen,
wenn ich träume
und trotze
und nicht begreife.

Nur gib mich nicht auf.

HERR, du bist unsere Wohnung gewesen von Geschlecht zu Geschlecht!  Psalm 90,1

Eine Wohnung bist du mir,
Gott der Urzeit – VATER! –
eine bergende Höhle
von ewigen Ausmaßen.

Mitten in der Enge
ist es hier weit,
mitten in der Kälte
hab ich’s warm,
mitten in der Fremde ist in dir mein Zuhause,
mitten in der Angst ist hier Sicherheit.

Mitten unter Angreifern bietest du Schutz,
mitten in der Hitze genieße ich Schatten.
Mitten in der Hungersnot speise ich an deinem
Tisch,
mitten in der Freudlosigkeit halt ich Festfeier.

Und immer stehst du mir offen,
wenn ich – hungernd, frierend und gehetzt –
heimkehre.

So ist meine Seele:
Voller Sehnsucht,
sich niederzubeugen,
zu verehren,
im Staub zu liegen,
anzubeten.

So ist meine Seele:
Sie wünscht sich
aufzuschauen,
zu gehorchen,
zu vertrauen,
geführt zu werden.

So ist meine Seele:
Sie liebt
nach dem Schmerz des Zerbruchs
die Lust des Überlassens.

So ist meine Seele.
Ist sie nicht für dich geschaffen?
Sie passt zu dir
wie die Blume zur Sonne.
Ich brauch dich.

Lehr mich
die Rätsel ertragen,
den Schlägen stillhalten,
im Finstern warten,

flach atmen im stickigen Dunst,
langsam gehen im Geröll,
mit wundem Herzen weiterhumpeln
und hoffen!

Befrei mich
vom kindischen Selbstmitleid,
vom Reflex zur Flucht,
vom unnützen Pulsfühlen,
von der Energievergeudung durch Grübeln!

Mach mich willig
mir das Kreuz auf die Schulter zu laden
und IHM nachzugehen
täglich und täglich und täglich
in deiner Kraft.

Warum bin ich
noch immer
so kleingläubig?

Ach, ich schäme mich,
dass ich noch so zweifelnd
von dir denken kann,
als hättest du nicht
unzählige Male bewiesen,
dass du jeden Knoten
durchzuhauen
imstande bist!

Kenn ich dich
noch nicht genug?
Oder ist einfach der Widerstand
von der anderen Seite so mächtig,
wirkt noch der Schlange
dreistes Gewisper:
„Sollte Gott…..?“

Wie soll ich dir danken,
dass du meinem zagenden Glauben
noch immer so freundlich
entgegenkommst,
obwohl doch mein Rechnen
mit Menschen und Umständen
dich kränken muss?

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