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Die alte Weihnachtsgeschichte neu erzählt

Josef stürmt herein. „Maria“, ruft er, „du glaubst es nicht, was die Römer schon wieder ausgeheckt haben!“

„Warum, was ist los?“, fragt sie. „Jetzt wollen sie eine Volkszählung machen. Wohl, damit sie ihre Steuern besser erheben können. Und dazu muss jeder dahin, wo die Familie herstammt, und sich da registrieren lassen. Für uns heißt das, wir müssen nach Bethlehem. Und wie immer ist es denen da oben völlig egal, was das für den einzelnen kleinen Mann bedeutet.“

Maria streicht über ihren gerundeten Bauch. „Das ist eine ganz schöne Strecke bis Bethlehem“, sagt sie bedächtig. „Ja, genau das macht mir Sorgen“, antwortet ihr Mann. „150 Kilometer in deinem Zustand! Jetzt, wo das Baby bald kommt. Wirst du das schaffen?“

Nachdenklich meint sie: „Weißt du, bis hierher hat mir Gott geholfen. Es ist ja sein Kind, das ich hier trage. Es gab so vieles, wo ich mich gefragt habe: Wie soll das werden? Aber bis jetzt ist alles gut geworden. Ich werde auch dafür die Kraft bekommen. Und außerdem – nach der Geburt müssten wir eh nach Jerusalem, um das Kind in den Tempel zu bringen. Da haben wir es dann nicht mehr weit, wenn wir schon mal in Bethlehem sind. Wir können langsam machen. Am Sabbat machen wir sowieso Pause …“ Und plötzlich, wie elektrisiert: „Bethlehem! Das ist doch sehr passend, wenn unser Kind in der Geburtsstadt Davids zur Welt kommt. Schließlich hat der Engel doch gesagt, er wird auf Davids Thron sitzen.“

„Stimmt“, sagt Josef. „Jetzt, wo du’s sagst … Ich erinnere mich dunkel, dass da auch etwas war mit einer alten Verheißung, dass der Messias in Bethlehem geboren wird.“ Der Messias. Marias Hand legt sich wieder auf den Bauch. Im Alltag vergisst sie manchmal, dass sie nicht einfach irgendeine schwangere Frau ist. Dass sie ein göttliches Kind trägt. Nach dem dramatischen Anfang ist das Leben so normal geworden. Sie hat ein Heim und einen Mann und muss sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass dieses nicht Josefs Kind ist, sondern der Sohn des Höchsten, der Messias. Aber jetzt, mit der Erwähnung Bethlehems, schiebt sich das wieder in den Vordergrund. „Das ist ja interessant“, sagt sie. „Ja, das Kind muss in Bethlehem geboren werden. Es ist ein merkwürdiger Gedanke, aber am Ende ist es gar nicht der Kaiser von Rom, der sich das ausgedacht hat? Ich meine, natürlich hat er sich das ausgedacht, aber dahinter steckt der wahre Weltenlenker?“

Sie schauen sich an und nicken gleichzeitig. „Maria, du bist ein klasse Mädchen. Dein Gottvertrauen setzt mich immer wieder auf die richtige Spur. Ich bin schon fast nicht mehr sauer. – Lass uns packen“, sagt Josef. „Pack alles ein, was du für die Geburt und das Baby brauchst. Ich kümmere mich um Geld und Proviant, und dann starten wir so bald wie möglich.“

Sie machen sich an die Arbeit.

Viele Menschen sind auf den Straßen unterwegs. Je näher sie Bethlehem kommen, desto voller werden die Wege. Josef spürt, wie die Sorgen wieder auf ihn einstürmen. Bis jetzt ist alles gutgegangen; sie haben auch immer einen Platz zum Übernachten gefunden. Aber nun scheint es, dass alle Welt zu dieser kleinen Stadt strömt. So lernt man zwar mal die ganze weitläufige Verwandtschaft kennen. Aber kann dieses kleine Städtchen so viele Besucher fassen? Wo sollen die alle unterkommen? Wo sollen sie unterkommen? Wird er für diese zwei wunderbaren Geschöpfe sorgen können, die Gott ihm da anvertraut hat? Das ist der Anspruch, den er eigentlich an sich hat, aber er sieht seine Möglichkeiten schwinden.

Tatsächlich ist Bethlehem total überfüllt. Kein Gastzimmer ist mehr frei. Aber sie können bei den Tieren unterkommen, was auf jeden Fall besser ist als die Straße. Hier geschieht es auch, dass die Wehen einsetzen, und einige Stunden später wird Maria von einem kleinen Jungen entbunden. Glücklich und erleichtert betrachtet sie ihn, und wie alle Mütter denkt sie: „Das ist das schönste Baby der Welt! Möge er ein gesegnetes Leben haben! – Herr!“, betet sie. „Lass dieses Kind gesegnet sein! Erfülle deine Verheißungen! Lass es auf dem Thron Davids sitzen!“

Nun, im Moment kann von einem Thron nicht die Rede sein. Nachdem sie es in Windeln und Tücher gewickelt hat, ist die Frage: Wohin mit dem Kind? Auf dem Boden ist schlecht, da könnte man aus Versehen drauftreten oder ein Tier drüberlaufen. Der Futtertrog scheint ihr der sicherste Platz. Und so legt sie den Kleinen dort hinein.

Mitten in der Nacht reißt jemand die Tür auf und leuchtet hinein. „Hier ist er!“, ruft eine aufgeregte Männerstimme. Hinter ihm her poltert eine ganze Horde ungehobelter Männer herein. „Entschuldigung“, sagt der Anführer, „aber die Engel haben uns geschickt!“  „Engel?“, fragt Josef mit gerunzelter Stirn. „Ja! Wir sind Hirten und haben auf dem Feld bei unseren Schafen Wache gehalten. Da war da plötzlich ein Mann, der ganz hell strahlte. Ich wusste sofort, dass es ein Engel war. Wir hatten alle Angst, denn sowas ist uns noch nie passiert, und mir fielen sofort alle meine Sünden ein. Aber er sagte, wir sollten uns nicht fürchten. Er hätte eine gute Botschaft. Der Retter, auf den wir so lange gewartet haben, wäre heute geboren worden.“ „Genau!“, fuhr ein anderer fort. „Und dann hat er uns ein Zeichen gegeben. Er wäre hier in Bethlehem geboren und läge in Windeln in einer Futterkrippe.  Dann kamen noch mehr Engel und haben Gott gelobt und von Frieden und Wohlgefallen gesprochen, und dann sind sie wieder ab in den Himmel.“ Maria hörte stumm zu. Was für eine Geschichte! „Und nun sind wir von Stall zu Stall gezogen. Das war das erste und einzige Baby, was wir in einer Futterkrippe gefunden haben – also nehmen wir mal an, dass er das ist!“ Sie betrachten das Kind – sehr besonders sah es nicht aus. Ein ganz normales Baby halt, nur in einem sehr ungewöhnlichen Bett. „Ja“, sagte Josef, „das ist der, von dem die Engel euch erzählt haben.“ Sie stehen noch eine Weile herum, aber mehr gibt es hier nicht zu sehen oder zu sagen. Aber woanders werden sie auf interessierte Ohren treffen. Sie, die einfachen, verachteten Hirten, haben die Nachrichten des Tages. Also machen sie sich auf den Weg, um es allen zu erzählen.

Maria aber ist ganz nach innen gekehrt. „Herr“, sagt sie, „das sieht hier alles nicht so aus, wie das, was es nach deinem Wort ist. Aber immer, wenn ich mich frage, ob ich nicht vielleicht doch spinne, kommt wieder eine Bestätigung. Ich komm mir vor, als wäre tief in mir eine Schatztruhe. Da liegen all die Erfahrungen drin, die ich mit dir gemacht habe. Der Besuch des Engels bei mir, der Schrecken, die großen Worte, die er gesprochen hat. Die große Freude. Die Tatsache, dass ich tatsächlich ohne Mann schwanger geworden bin. Die Ermutigung durch Elisabeth, deren Kind im Mutterleib vor Freude gehüpft ist, als wir uns begrüßten. Dass Josef kam, nachdem er schon unsere Verlobung auflösen wollte, und mir sagte, dass er nun wisse, dass ich ihm nicht untreu geworden bin, und dass wir sofort heiraten würden. Dass der Kaiser uns gezwungen hat, nach Bethlehem zu gehen. Jetzt diese Männer, die auch wieder Engel gesehen haben … das alles kann kein Verstand erklären, und es ist doch wahr. Und immer, wenn ich anfangen werde zu zweifeln, weil ich das Leben nicht verstehe und alles so aussieht, als sei es nicht das, was es doch nach deinen Worten ist, dann werde ich meine Truhe hervorholen und meine Schätze Stück für Stück betrachten und mich vergewissern, dass du deinen Plan hast und durchführen wirst.“

„Komm“, sagt Josef, „das war alles anstrengend und aufregend. Leg dich noch ein bisschen hin, solange das Baby schläft. Wer weiß, was noch kommt.“

Die Geschichte steht in der Bibel in Lukas 2.

Gnade und Recht: Von Gläubigern und Schuldnern

Diese Geschichte, die Jesus erzählt hat, ist sehr aufwühlend.

Zu Anfang ein Disclaimer: In Mathe war ich schon immer ganz schlecht. Wenn ich also hier irgendwas falsch berechne, dann bitte ich um einen freundlichen Hinweis.

Da war ein König, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. Nachdem alle Zahlen vorliegen, werden die Schuldner einbestellt. Nun wird ihm einer gebracht, der schuldet ihm 10.000 Talente. Ein Talent sind 6000 Drachmen oder Denare (je nachdem ob man in griechischer oder römischer Währung rechnet). Der Tageslohn eines Arbeiters betrug, wie wir aus einem anderen Gleichnis wissen, etwa 1 Denar. Dieser arme Mensch hatte sich also mit 60.000.000 ein bisschen übernommen. Wie er das geschafft hat, wissen wir nicht, vielleicht war er ein Trinker oder Spieler, vielleicht gab es mehrere Dürren, vielleicht hat er unkluge Investitionen getätigt oder war ein Angeber, der seinen Freunden imponieren wollte, vielleicht konnte er zu den Wünschen von Frau und Kindern nie nein sagen, oder oder … und nun sieht er sich dieser völlig überwältigenden Forderung gegenüber, das jetzt zurückzuzahlen. Und alles, was er dazu sagen kann, ist zitternd zuzugeben: „Ich habe es nicht.“

Nun setzt das Rechtssystem ein. Schulden sind Schulden und müssen bezahlt werden. Er ist verantwortlich. Also sollte sein Besitz verkauft werden, und er, seine Frau und seine Kinder sollten als Sklaven arbeiten, bis das alles abbezahlt wäre. Keine Ahnung, was sein Besitz wert war. Aber wenn wir das mal in Arbeitsleistung umrechnen, dann sieht das etwa so aus:

60.000.000 Denare : 1 Denar Tageslohn = 60.000.000 Arbeitstage : 313 Arbeitstage (ich gewähre den Sklaven mal auch einen Sabbat) sind 191.693 Jahre Arbeit. Nehmen wir mal an, der gute Mann hätte 10 Kinder, dann könnte man das durch 12 teilen und käme auf knapp 16.000 Jahre. Selbst wenn sein Grundbesitz noch etwas einbringt, ist klar: Es ist völlig aussichtslos. Sie würden niemals rausgekommen aus der Schuldenfalle, selbst wenn Kost und Logis frei wären.

Aber der Knecht versucht zu verhandeln. Er fällt vor dem König auf die Knie und bettelt: „Hab noch ein bisschen Geduld mit mir! Ich will dir alles bezahlen!“

Das ist natürlich ein Witz. Er weiß das. Der König weiß das. Der König weiß, dass er das weiß, und er weiß, dass der König das weiß. Aber vielleicht … lässt er ja mit sich reden?

Und ja: Der König sieht diesen armen Tropf da knieen, und der König ist reich, und er hat ein Herz. Er will diese Familie nicht ins Unglück stürzen, das macht ihm überhaupt keinen Spaß. Er ist nicht der Typ, der Leute gerne leiden sieht, und auch wenn er völlig im Recht ist, kann er auch ohne diese 60.000.000 Denare weiterleben. Er könnte jetzt wenigstens etwas herausholen, vielleicht aus pädagogischen Gründen, aber er will diesem Mann eine echte Chance geben, ihm Haus und Grundstück lassen, so dass er noch mal von vorne anfangen kann.

Er sagt: „Ich erlasse dir die ganze Schuld. Du kannst gehen.“

Der Mann geht heim wie im Traum. Er hat Gnade erfahren. Er ist auf Null und kann neu anfangen, am besten etwas verantwortlicher.

Da fällt ihm etwas ein. Der Fritz schuldet ihm noch 100 Denare. Die könnte er jetzt gut selber gebrauchen. Außerdem, hätte der Fritz, der Lump, nicht diese Schulden bei ihm, hätte er beim König nur 59.999.900 Denare Schulden gehabt. Wäre der Fritz nicht so ein unzuverlässiger Zahler … der Fritz ist an allem schuld! Den wird er sich vorknöpfen!

Er sucht den Fritz und findet ihn auch. Er packt ihn sich und würgt ihn, damit es völlig klar ist, dass er es ernst meint. „Zahle mir mein Geld zurück! Jetzt!“

Fritz kriegt Panik, denn er hat das Geld nicht. Und ob du 60.000.000 oder 100 Denare nicht hast – wenn du sie bezahlen musst, ist Nichts immer das gleiche Nichts und jede Forderung bedrohlich. Also fällt er auf die Knie und fleht: „Hab noch ein bisschen Geduld mit mir! Ich will dir alles bezahlen!“ – was uns irgendwie bekannt vorkommt und in diesem Fall vielleicht sogar nicht ganz so unrealistisch ist.

Aber sein Gläubiger kennt weder Barmherzigkeit noch Kompromisse. Er kann die Schuld des anderen auch beweisen, und so kommt der arme Fritz ins Gefängnis.

Nun haben einige Knechte des Königs das mitbekommen. Sie sind über dieses Verhalten sehr erschüttert und berichten es dem König. Den König packt der gerechte Zorn; er lässt den Mann herbeirufen und sagt: „Du böser Knecht! Ich hab dir diese Riesenschuld erlassen, und was machst du? Du hättest für deinen Mitknecht dasselbe Erbarmen haben sollen wie ich für dich! Ich nehme den Schuldenerlass zurück!“ Er überliefert den Mann den Folterknechten, bis alles bezahlt wäre (also für immer).

„Genauso wird mein himmlischer Vater es mit euch machen, wenn ihr nicht jeder seinem Bruder von Herzen vergebt“ sagt Jesus abschließend.

Man kann sich aussuchen, nach welchem Prinzip man leben will. Willst du aus Gnade leben, musst du auf dein Recht verzichten. Willst du dein Recht, dann gilt dasselbe für dich, dann besteht Gott auch auf dem Recht.

Die Geschichte steht in Matthäus 18,21—35.

Adventskalender: 24 Bibelverse über den Mensch gewordenen Gott (21)

Jesus macht uns zu Kindern Gottes!

Galater 4,4.5

Adventskalender: 24 Bibelverse über den Mensch gewordenen Gott (20)

Jesus war “Gott zum Anfassen”.

1.Johannes 1,1.2

Adventskalender: 24 Bibelverse über den Mensch gewordenen Gott (19)

Ganz ohne Weihnachtsromantik: In seiner Erniedrigung ist Jesus unser Vorbild.

Philipper 2,5-7