Depressionen erscheinen uns oft als sinnloses Leiden.
Man kann sich kaum vorstellen, wozu das gut sein soll.
Deshalb habe ich meine Tochter, Naomi Vedder, gebeten, ihre Erfahrungen mit uns zu teilen.
Ich wurde gebeten, etwas darüber zu schreiben, was ich durch die Depression oder in der Depression gelernt habe. Was hat die Depression in meinem Leben aufgedeckt, und wie kann ich jetzt – etwa 7 Jahre später – sagen, dass die Depression mir zum Segen wurde?
Dazu möchte ich unbedingt vorwegschicken, dass die schwere depressive Phase bei mir nicht allzu lange gedauert hat und in Verbindung mit Anzeichen eines Burnout daher kam. Es gibt viele verschiedene Ursachen für Depressionen, und nicht alle meine Erfahrungen lassen sich auf andere übertragen oder sind für andere hilfreich. Ich weiß, dass meine Leiden im Vergleich zu denen anderer möglicherweise harmlos waren, und dass es Glaubensgeschwister gibt, die über viele Jahre hinweg in tiefster Dunkelheit ausharren.
Ich bin keine Fachfrau in Sachen Depression. Ich gebe lediglich meine ganz persönlichen Erfahrungen und Erkenntnisse weiter. Eventuell können sie dem einen oder anderen eine Hilfe und Ermutigung sein – das würde mich freuen.
Ich versuche zu erzählen, was ich über Gott und mich selbst gelernt habe, und was die Depression bei mir aufgedeckt hat.
In dem Buch „Depression – Die hartnäckige Dunkelheit“ von Edward T. Welch wird ein Kapitel mit dem Titel überschrieben: AUF DIE DEPRESSION HÖREN. Dieses Buch war mir in meiner Depression der treuste Begleiter. Ich fühlte mich verstanden und herausgefordert, wenn ich darin las, und es hat mich ermutigt, nicht aufzugeben und mehr nach dem „Wozu“ als nach dem „Warum“ zu fragen.
So habe ich also versucht, nicht ständig zu fragen, warum ich nun in diese schreckliche Lage geraten bin, und wie ich schnellstmöglich wieder da rauskomme, sondern auch: „Was will Gott mir möglicherweise durch diese Depression zeigen, was muss ich lernen, und wozu kann die Depression mir dienen?“
Und Gott hat mein Fragen gehört und Stück für Stück einige Dinge in meinem Leben aufgedeckt, die mir vorher gar nicht so bewusst waren.
In Stichpunkten war das vor allem Stolz und Hochmut, Menschenfurcht, ein falsches Gottesbild und ein falsches Selbstbild, Vollkommenheitsstreben und teilweise falsche Prioritäten. Was ich damit im Einzelnen meine, versuche ich im Folgenden zu erklären.
Erst als ich deprimiert und erschöpft am Boden lag, merkte ich, dass es für mich über das gute und gesunde Maß hinaus wichtig war, was Menschen von mir dachten und über mich sagten. Um allen zu gefallen und es allen recht zu machen, habe ich mich sehr angestrengt und verbogen, habe Tag und Nacht geschuftet und mein Bestes gegeben. Aber es war zu viel. Mit fast 40 Jahren war ich nicht mehr imstande, meinen eigenen Anforderungen und denen der Menschen um mich herum gerecht zu werden. So geriet ich in übermäßigen Stress und Leistungsdruck. Alle sollten mit mir zufrieden sein: Ehemann, Kinder, Eltern, Gemeinde, Arbeitgeber, Nachbarn … Gott … und am schwierigsten – ich selbst!
Letzten Endes musste ich feststellen, dass ich bereit war, zu heucheln oder Druck auf andere auszuüben, um es allen recht zu machen. Es wurde offenbar, dass ich sehr stark von Menschenfurcht geprägt bin. Man kann sagen, dass ich bereit war zu sündigen, weil ich Menschen mehr fürchtete als Gott.
Der Leser kann sich selbst fragen, ob das auch bei ihm der Fall ist. Ich bin überzeugt davon, dass ein solches Denken und Handeln Sünde ist und Buße und Umkehr erfordert. Es kann dich selbst und andere zerstören, und vor allem ehrt es Gott nicht.
Selten waren meine ersten Gedanken „Was denkt Gott darüber?“. Öfter, eher unbemerkt in meinem Inneren, fragte ich mich: „Was denkt Schwester / Bruder XY darüber? Was denken die Nachbarn … ?“ Dazu möchte ich die Bibel zitieren: Menschenfurcht stellt eine Falle; wer aber auf den HERRN vertraut, ist in Sicherheit (Sprüche 29,25).
Es kommt nicht darauf an, ob Menschen gut von mir denken und ich alles tue, was sie wollen, es kommt darauf an, den Willen des Vaters zu tun (Matthäus 7,21).
Bei mir verbarg sich dahinter der zu starke Wunsch, angenommen zu sein, anerkannt zu sein, geliebt und beliebt zu sein. Wie gesagt, über das gesunde Maß hinaus. Es ist nicht möglich, es allen Menschen immer recht zu machen. Wir müssen lernen auszuhalten, dass nicht alle immer mit uns einverstanden sind, auch nicht, wenn wir das Richtige tun. Es kann auch schon mal zu Ablehnung kommen und dazu, dass man uns nicht begeistert zujubelt oder uns dankbar ist oder unser Tun lobt. Das müssen wir lernen auszuhalten. Jesus selbst ging es auch so. Auch Jesus hat „Nein“ gesagt, hat nicht allen geholfen und hat keineswegs von allen Zuspruch bekommen. Es gibt da viele Situationen, nachzulesen in den Evangelien. Eigentlich ist es nur wichtig, was Gott über unser Tun denkt. Ihm zu gefallen, soll unser Wunsch sein. Tatsächlich ist es aber oft so, dass das, was wir tun, um Gott zu erfreuen, und das, was wir tun, um Menschen zu gefallen, zwei ganz verschiedene Sachen sind.
Ich definierte mich sehr stark über das, was ich tat und leistete, und musste in der Depression, als ich viele Dinge (vor allem „geistliche Dienste“) nicht mehr tun konnte, fragen, was ich eigentlich noch wert bin, wenn ich nicht die (von mir) gewünschte Leistung erbringen kann. Es stellte sich heraus, dass es aus meiner Sicht nicht Gott war, der mir meinen Wert gab, sondern ich selbst und meine Taten und Leistungen meinen Wert bestimmten.
Ich war mir absolut nicht sicher, ob Gott mich liebt. Denn ich glaubte irrtümlich, er müsse mich aufgrund von irgendetwas in oder an mir lieben. Ich hatte nicht begriffen, dass er mich sowieso schon geliebt hat, ehe ich geboren wurde – und lange bevor ich irgendetwas Gutes tun hatte können und etwas Schlechtes hatte bekennen können. Er liebte mich, und Jesus starb für mich, lange bevor ich an ihn glaubte.
Ich begriff auch, dass ich nichts an dieser Liebe ändern kann. Gott würde mich nicht mehr lieben, wenn ich etwas für ihn tat – er hat mich bereits mit maximaler Liebe geliebt, das hat er durch Jesu Tod am Kreuz für mich bewiesen. Er liebt mich nicht mehr oder weniger, weil ich Gutes oder Schlechtes tue. Gott der Vater sieht mich durch Jesus Christus, und in seinen Augen bin ich gerecht.
2.Timotheus 1,9: Er hat uns ja errettet und berufen mit einem heiligen Ruf, nicht aufgrund unserer Werke, sondern aufgrund seines eigenen Vorsatzes und der Gnade, die uns in Christus Jesus vor ewigen Zeiten gegeben wurde.
Das heißt, ob ich depressiv und kraftlos bin oder aktiv und voller Energie mitarbeite, das ändert nichts an der Sicht, die Gott auf mich hat. Er hat schon entschieden, was er über mich denkt, und das hängt viel weniger von mir selbst ab, als ich dachte. Das zu begreifen, hat mir geholfen zu glauben und zu verstehen, dass es keine Verdammnis mehr gibt, für die, die in Christus sind. Römer 8,1: So gibt es jetzt keine Verdammnis mehr für die, welche in Christus Jesus sind, die nicht gemäß dem Fleisch wandeln, sondern gemäß dem Geist. Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.
Ich hatte also bis dahin ein falsches Gottesbild. Ich dachte, Gott wäre so wie ich und andere Menschen. Aber Gott ist ganz anders! Unser Denken über Gott muss geprägt sein von Gott und seinem Wort. Wenn du in einer Depression steckst, ist dein Gottesbild oft verschoben. Es ist gut, wenn andere dir helfen zu sehen, wie Gott wirklich ist und wie er über dich denkt. Sichere Aussagen dazu finden sich eigentlich nur in der Bibel. Alles andere ist schwammig und hilft nicht, wenn du im “Tal des Todesschattens” sitzt und sowieso an allem zweifelst. In solchen Momenten brauchst du absolut zuverlässige Aussagen. Gefühle, Gedanken oder Meinungen zu der Frage „Wie ist Gott?“ helfen da nicht weiter.
Ein weiteres Thema würde ich „Kraft und Schwäche“ nennen. Dabei geht es mehr um mein Selbstbild, als um mein Gottesbild. Vor der Depression gehörte ich eher zu den starken Frauen. Das wollte ich auch so. Schwäche widerte mich regelrecht an, und ich tat alles dafür, nicht schwach zu sein oder schwach zu erscheinen. (Das war auch sehr schwierig für unsere Ehe, am Rande bemerkt.)
Gott hat eine andere Sicht darauf als wir Menschen. Für uns ist Kraft etwas Attraktives, und wir werten sie eher als ein Zeichen für Segen und Fülle. Gott aber findet menschliche Schwachheit nicht so problematisch. Es ist vielmehr eine Möglichkeit, ihm die Ehre zu geben. Denn dadurch, dass wir schwach sind, kann sich seine Kraft oft erst richtig zeigen. 2.Korinther 12,9: Meine Kraft … ist in den Schwachen mächtig /… kommt in Schwachheit zur Vollendung /… wird in Schwachheit vollkommen. Wir würden Gott gern mit Kraft und Gesundheit und unseren Fähigkeiten ehren. Was aber, wenn er in unserer Schwachheit, Krankheit und Unfähigkeit verehrt werden möchte? Sagen wir ja, auch zur Depression, die uns für eine bestimmte Zeit von Gott verordnet ist, dann ist das eine Möglichkeit zu zeigen, dass wir an einen allmächtigen Gott glauben, der auch mit uns keine Fehler macht? Ich verstehe immer mehr, dass es Gott wohlgefällig ist, wenn seine Kinder sich in Schwachheit, Krankheit und Not an ihn klammern, ohne den Ausweg oder das Ende der Sache absehen zu können. Das verherrlicht und ehrt Gott, denn wie könnte man Vertrauen besser ausdrücken und zeigen, als eben so? Ist das nicht Glaube? Eine Wirklichkeit dessen, was man hofft, ein Überzeugtsein von Tatsachen, die man nicht sieht? (Hebräer 11,1). Insofern ist jeder, der im dunklen Tal des Todesschattens an Gott festhält, ein Glaubender, der den Herrn verherrlicht, und ich denke, das gefällt ihm.
In 2. Korinther 4,7ff. steht:
Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, damit die überragende Kraft von Gott sei und nicht von uns. Wir werden überall bedrängt, aber nicht erdrückt; wir kommen in Verlegenheit, aber nicht in Verzweiflung; wir werden verfolgt, aber nicht verlassen; wir werden niedergeworfen, aber wir kommen nicht um; wir tragen allezeit das Sterben des Herrn Jesus am Leib umher, damit auch das Leben Jesu an unserem Leib offenbar wird.
Paulus weiterhin über Schwachheit:
Es wird gesät in Unehre und wird auferweckt in Herrlichkeit; es wird gesät in Schwachheit und wird auferweckt in Kraft (1.Korinther 15,43).
Wenn ich mich rühmen soll, so will ich mich meiner Schwachheit rühmen (2.Korinther 11,30).
Und er hat zu mir gesagt: Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft wird in der Schwachheit vollkommen! Darum will ich mich am liebsten vielmehr meiner Schwachheiten rühmen, damit die Kraft des Christus bei mir wohne (2.Korinther 12,9).
So, denke ich, sollen wir unsere Schwachheit (Depression) annehmen und versuchen zu tun, was wir mit Gottes Kraft tun können. An manchen Tagen wird seine Kraft nur reichen, um aufzustehen und unsere Familie mit dem Nötigsten zu versorgen oder zur Arbeit zu gehen und gegen die finsteren Gedanken in unserem Kopf anzukämpfen. Dann dürfen wir am Ende des Tages Gott danken, dass er uns dafür in unserer Schwachheit genug Kraft gegeben hat. Jeder Tag, an dem wir noch leben und noch hier sind, ist ein Tag, an dem wir abends sagen können: „Danke Herr, du hast es heute wieder mit mir geschafft!“ Zur Zeit der Depression war ich in der häuslichen Krankenpflege tätig. Ich kann mich an Tage erinnern, an denen ich auf den Fahrten von einem Patienten zum nächsten geheult habe. Ich war verzagt und traurig und schwach. Manchmal habe ich ein Lied unter Tränen gesungen. Dann bin ich in die Häuser der Kunden gegangen, habe sie versorgt. Gott hat mir die Kraft gegeben, und im Auto habe ich wieder geweint. Das war nicht die Art, wie ich mir das vorgestellt hatte, aber ich muss sagen, dass Gott mir genau die Kraft gegeben hat, die nötig war.
Ich denke, es ist klug und weise, wenn wir auch in der Depression Gott bitten, uns zu zeigen, ob es Sünde in unserem Leben gibt, die wir noch zu bereinigen haben.
Da möchte ich das ganz große Thema Vergebung ansprechen. Wenn mich Niedergeschlagenheit und Traurigkeit in Beschlag nehmen, ist es gut, nach Wut und den Ursachen der Wut in meinem Leben zu suchen. Bekomme ich vielleicht gerade nicht, was ich will, und bin deshalb wütend? Bin ich verzweifelt, weil ich meine, mir steht etwas Bestimmtes zu, und ich erhalte es nicht?
Zum Beispiel Liebe von meinem Partner oder meiner Familie, Respekt von meinen Kindern, Ehre von meinen Kollegen, Freundlichkeit von meinen Nachbarn oder was auch immer. Wenn Menschen uns nicht so behandeln, wie wir es uns wünschen und wie es vielleicht auch richtig wäre, dann kann es uns tief innen verletzen, ärgern und auch wütend machen. Manchmal erkennen wir es gar nicht und werden deprimiert, ohne genau sagen zu können, warum.
Viele von uns müssen mit Dauerverletzung leben, werden über Jahre hinweg immer wieder an den gleichen Stellen gekränkt, verletzt, geschädigt. Das kann sehr leicht zu Depressionen führen, und wir brauchen Gottes Gnade, um damit richtig umgehen zu können und immer wieder zu vergeben. Das ist eine übermenschliche und unnatürliche Handlung, die wir aus uns selbst heraus weder tun wollen, noch tun können. Mit Gottes Hilfe und durch das Vorbild von Jesus Christus ist es aber möglich. Wir vergeben, weil uns vergeben wurde. Ich durfte lernen, das, was mir immer wieder angetan wurde, auch immer wieder zu vergeben. Das war mit Sicherheit auch eine wichtige Lektion.
Hierfür ist es elementar wichtig, das Evangelium wirklich zu verstehen, zu glauben und uns selbst – gerade in der Depression – immer wieder zuzusprechen. Nur durch das Wissen, dass Jesus Christus am Kreuz für meine Schuld gestorben ist, begraben wurde, auferstanden ist und jetzt für mich bei Gott, dem Vater, eintritt, nur dadurch weiß ich sicher, dass mir ein für alle Mal vergeben ist, und kann selbst immer wieder vergeben und in innerer Freiheit leben.
Ich habe versucht, mein Leben und meine Beziehungen wirklich zu durchforsten und zu schauen, ob ich irgendjemandem, irgendwo in einem versteckten Winkel meines Herzens noch nicht vergeben habe, etwas nachtrage, ein bisschen Bitterkeit konserviere … um wirklich froh und frei zu werden, ist es wichtig, dass wir alles vergeben, auch die kleinen alltäglichen Kränkungen, erst recht die großen, tiefen Verletzungen. Leider stelle ich immer wieder bei mir fest, dass ich binnen kürzester Zeit aus Unversöhnlichkeit heraus depressiv verstimmt werden kann. Wenn man nun also eine große unvergebene Last über Jahre mit sich herumträgt, ist eine Depression, denke ich, unvermeidlich.
Egal wie lange das Geschehene her ist und wie schlimm es gewesen ist, egal wie viel „Gras über die Sache gewachsen ist“ – wenn du noch nicht vergeben hast, tu es am besten sofort. Dabei kann es hilfreich sein, die Sache vor einem andern Gläubigen auszusprechen und mit ihm gemeinsam zu beten.
Wer nicht bereit ist komplett und vorbehaltlos zu vergeben, ist dazu verdammt, gefoltert zu werden von Wut, Bitterkeit, Hass, Traurigkeit etc. So verstehe ich Matthäus 18, 21-35.
Umgekehrt hilft es mir auch, wenn ich immer wieder meine eigene Schuld vor Gott und Menschen bekenne und um Vergebung bitte. Schiebe ich das vor mir her, geht es mir oft tagelang elend. Die Depression kann helfen, uralte, aber unbereinigte Schuld aufzudecken oder überhaupt sensibel zu werden für die absolute Wichtigkeit der Vergebung. Wir lesen es bei David in den Psalmen, wie sehr er unter der Schuld gelitten hat, und wie sie ihn krank gemacht hat (Psalm 32).
Die Depression hat mein Gottesbild verändert.
Eben durch diese Unfähigkeit zu tun und zu leisten, wie ich es gewohnt war, musste ich mich ganz neu mit meiner Identität, meinem Selbstbild, auseinandersetzen. Wer bin ich eigentlich? Wie sieht Gott mich? In seiner Gnade hat Gott mein falsches Denken über ihn und mich aufgedeckt. Ich habe das oben bereits erwähnt. Das war so heilsam. Ich habe wohl zum ersten Mal im Leben Gottes tiefe Liebe für mich wirklich angenommen und geglaubt. Gottes bedingungslose Liebe. Gottes opferbereite Liebe. Ich bin immer noch am Lernen und Verstehen. Es gibt wohl wenig, was mir schwerer fällt zu glauben, als dass Gott mich wirklich liebt, mag, will, gut findet … mit allem, was er so an mir gemacht hat. Dazu war mir die Depression eine große Hilfe. Ich durfte ihm auch meine ganze Verzweiflung sagen, sie vor ihm aussprechen. Das habe ich mir bei Hiob abgeschaut. Ich dachte mir: Wenn Hiob das sagen durfte, und Gott es hat in die Bibel schreiben lassen, dann kann ich das ja auch machen. So habe ich Gott alles gesagt, was ich dachte und fühlte. Gott hat das ausgehalten und mich weitergeliebt und mir auch gezeigt, wo ich einfach nur Unrecht habe.
Obwohl man meinen könnte, dass eine Depression dazu führt, dass man Angst vor Gott bekommt oder ihn als einen strafenden, lieblosen Gott erlebt, der einen leiden lässt, ist bei mir genau das Gegenteil passiert. Ich durfte Gott kennenlernen als meinen liebenden Vater und meinen aufopferungsvollen Herrn Jesus. Gerade im allertiefsten Moment, als ich nicht mehr leben wollte, als ich aus Gottes Hand springen und alles hinter mir lassen wollte, weil ich mir sicher war, dass ich es nicht mehr aushalte, da hat Gott mich fühlen und erfahren lassen, dass sein Wort wahr ist – auch in meinem Leben. Das werde ich wohl nie vergessen. Er hat mich einfach festgehalten. ER hat mich bewahrt, ER hat mich vor mir selbst beschützt. ER hat MICH gehalten, als ich ihn loslassen wollte. Johannes 10, 27-28: …und niemand wird sie aus meiner Hand reißen … und niemand kann sie aus der Hand meines Vaters reißen … Das war ein schrecklicher Moment, ein ganz schrecklicher, aber im Rückblick ein wunderbares Erleben der Gnade Gottes.
Wie kann ich Gott selbst in der Depression verherrlichen? Die kurze Antwort lautet: Ausharren!
Und ihn bitten, die Depression zu benutzen, um etwas Schönes aus dir zu machen, Dreck rauszuspülen. Achtung! Ich möchte mit diesem Text nicht sagen, dass Depressionen immer unmittelbar mit einer offensichtlichen Sünde in unserem eigenen Leben zu tun haben. Es gibt viele Ursachen, weshalb man depressiv wird. Nicht selten ist es die Sünde anderer Menschen, die an uns schuldig geworden sind und unsere nicht heilsame Reaktion darauf, die uns deprimiert und niederdrückt bis hin zur Verzweiflung. Unser Leben hier auf der Erde ist geprägt von Sünde und Schuld, unserer oder die unserer Mitmenschen. Solange wir in dieser gefallenen Welt leben, wird es mit Sicherheit Depressionen geben. Ich nehme an, sie werden mehr und nicht weniger. Gründe dafür gibt es genug. Aber wir haben einen Gott, der damit umgehen kann. Das ist sehr tröstlich. Ich denke, Depressionen gab es schon zur biblischen Zeit – auch wenn sie damals nicht so genannt wurden, finden wir die Symptome in der Bibel. Einige Beispiele:
- Ich bekomme nicht meinen Willen oder nicht das, wovon ich meine, dass es mir zusteht: Ahab und Jona
- Ich habe gesündigt und möchte es nicht zugeben: David
- Ich bin erschöpft vom Dienst für den Herrn: Elia, vielleicht auch Paulus
- Ich bin Opfer von absolut ungerechter Behandlung und kann nichts dagegen tun: David
Fragen, die für mich wichtig waren:
- Warum versuche ich, immer alles perfekt zu machen, warum versuche ich, es immer allen recht zu machen? Warum ist es mir so wichtig, was Menschen über mich denken?
- Glaube ich, dass Gott mich liebt? Wer bin ich eigentlich, und wer oder was gibt mir Wert?
- Wie werde ich meine zermürbende Schuld und die Anklagen los?
- Welchen Sinn hat mein Leben, wenn ich nie wieder aus diesem Zustand heraus komme?
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